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"Das Silo-Denken steht dem digitalen Wandel im Weg"

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Wie sollen CIOs auf die Digitalisierung reagieren? Vielleicht überhaupt nicht. Denn die Digitalisierung sollte Aufgabe des Business sein, sagt Beat Bussmann, Gründer und Geschäftsführer des Softwareherstellers Opacc.

Beat Bussmann, Gründer und Geschäftsführer des Softwareherstellers Opacc. (Quelle: Opacc)
Beat Bussmann, Gründer und Geschäftsführer des Softwareherstellers Opacc. (Quelle: Opacc)

Die grosse Herausforderung für IT-Verantwortliche ist die dig­i­tale Transformation. Was sind hierbei die grössten Schwierigkeiten, mit denen IT-Verantwortliche an Opacc herantreten?

Beat Bussmann: Die IT-Verantwortlichen wollen von uns eine Plattform, die ihnen konkrete Möglichkeiten bietet, den digitalen Wandel zu gestalten. Denn sie wissen, dass die Digitalisierung nicht in einem Schritt geschieht. Der digitale Wandel selbst ist jedoch eine unternehmerische Fragestellung. Jedes Unternehmen ist ganz anders von der Digitalisierung betroffen und muss zunächst herausfinden, was die Veränderungen für die eigenen Geschäftsmodelle und -prozesse bedeuten.

Wie unterstützt Opacc CIOs bei der Lösung dieser Probleme?

Wir liefern unseren Kunden die Plattform für die Umsetzung ihrer Digitalisierungsstrategien. Darin sehen wir unsere Hauptaufgabe. Wir passten hierfür unsere Softwarearchitektur in den letzten Jahren konsequent an und bieten heute mit Opacc Oxas eine Plattform, auf der sämtliche Geschäftsprozesse und Daten abgebildet werden können. Das Datenspektrum reicht von Dokumenten, klassischen Geschäftsdaten, Bildern, E-Mails bis hin zu Managementinformationen. Durch die Abbildung aller Prozesse und Daten auf einer einzigen Plattform erreicht der Kunde eine hohe Flexibilität. Diese ermöglicht dann die systematische Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Prozessen.

Was bieten Sie ausser der Technik noch an?

Zusätzlich bieten wir Kunden im Rahmen unserer Praxis­arena Seminare für die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsstrategien an. Derzeit entwickeln wir zusammen mit Professor Ralf Wölfle von der FHNW mit fünf Kunden griffige E-Commerce-Strategien. Basierend auf diesen Strategien bringen wir anschliessend unsere Lösungen ein.

Was raten Sie Ihren Kunden grundsätzlich?

Ich rate jedem KMU, eine einzige Plattform für alle seine Prozesse und Daten zu unterhalten. Dies ist die Voraussetzung für die Flexibilität, welche die Abbildung neuer wirtschaftlicher Trends überhaupt ermöglicht. In den letzten 20 Jahren haben wir Prozesse für unsere Kunden optimiert. Dabei ging es um Integrationen und Kos­tenoptimierungen. In den kommenden Jahren werden wir Prozesse und Daten adaptieren, weil sich das Geschäftsmodell verändert. Treiber ist der digitale Wandel. Das ist eine grosse Chance für unsere Kunden. Und hier zählt die Flexibilität noch mehr als bisher.

Inwiefern?

In der Schweiz gibt es gemäss dem Bundesamt für Statistik über 300 000 KMUs. Nicht jedes von ihnen kann und will ein Uber oder ein Google werden. Also muss ein KMU Schritt für Schritt den digitalen Wandel zu seinem Vorteil nutzen. Unternehmen muss dabei bewusst sein, dass die Digitalisierung keine Eintagsfliege ist.

Ist das Ihren Kunden bewusst?

Es ist unsere grosse missionarische Aufgabe, an diesem Bewusstsein bei unseren Kunden zu arbeiten. Geschäftsführer sollten sich zudem darüber im Klaren sein, dass die Digitalisierung zuerst sie betrifft und erst dann ihre IT-Abteilung. Es geht um den Abgleich dessen, was die Geschäftsleitung braucht und was die IT-Abteilung bieten kann. Das ist eine schwierige Aufgabe. Denn auch die IT verändert sich sehr schnell. Es ist also auch für CIOs gar nicht so einfach, immer am Ball zu bleiben.

Inwieweit können Sie als Hersteller bei den raschen Veränderungen überhaupt noch einen Investitionsschutz garantieren?

Wir garantieren unseren Kunden die vollständige Update-Fähigkeit unserer Plattform und Anwendungen. Wir garantieren ihnen auch, dass nach dem nächsten Update alles genauso funktioniert wie zuvor. Das betrifft auch sämtliche Anpassungen und Erweiterungen, die bei der Einführung und später im Betrieb vorgenommen wurden. Diesen Investitionsschutz erachten wir als unsere Verpflichtung.

Es heisst, Daten seien das neue Öl. Big Data und Analytics werden daher immer wichtiger für die Geschäftsstrategie vieler Unternehmen. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden in diesem Bereich?

Im Gegensatz zum Ölpreis steigt der Wert der Daten unserer Kunden eher. Auch für KMUs ist es eine Herausforderung, von überall her auf die jeweils relevanten Geschäftsdaten zuzugreifen. Denn oftmals wird noch mit Silo-Lösungen gearbeitet. Das heisst, man betreibt mehrere Systeme, die alle für sich funktionieren. Da existieren eine Shop-Lösung, ein CRM, ein POS und ein ERP parallel. Dieses Silo-Denken steht dem digitalen Wandel im Weg. Um aus all diesen Daten das Bestmögliche herauszuholen, müssen sie zunächst vereinheitlicht werden. Mit unserer Plattform verschwinden die Silos. Es gibt keine doppelten Daten und Prozesse mehr. Alle Benutzer sehen in ihrer Rolle, wie sie und das Unternehmen mit einem Kunden interagieren. Ich glaube nicht, dass das Thema Big Data alle KMUs in den nächsten Jahren betreffen wird.

Weshalb nicht?

Big Data ist ein Hype, teilweise ausgelöst von Softwareherstellern, die es nicht schaffen, ihren Kunden die nötigen Daten in vernünftiger Zeit zur Verfügung zu stellen. Das ist auch der Unterschied zwischen einem grossen Softwarehersteller und einem Anbieter wie Opacc, der sich auf KMU-Kunden fokussiert. Grosse Hersteller wollen ihre Software­lizenzen verkaufen, anschliessend suchen sie dann gemeinsam mit dem Kunden das Problem dazu. Im Gegensatz dazu müssen wir dafür sorgen, dass unsere KMU-Kunden erfolgreich sind. Ich bin überzeugt, dass viele grosse Unternehmen, die sich eine Big-Data-Lösung anschaffen, nicht wissen, wie sie diese einsetzen sollen. Manchen tut es gut, wenn sie sich auf der Ebene von Visionen und Trends bewegen. So müssen sie sich nicht mit der Realität beschäftigen. Denn hier lauert die Knochenarbeit.

Sie beschäftigen sich also lieber mit der Knochenarbeit als mit Visionen?

Wir beschäftigen uns mit beidem. Wir brauchen ein Produktkonzept, das in der Lage ist, unseren Kunden die Agilität zu vermitteln, die sie für den digitalen Wandel brauchen. Heute wird in vielen Unternehmen das IT-Budget verwendet, um die Silo-Systeme am Leben zu erhalten. Damit meine ich die Aufrechterhaltung eines erträglichen Integrationslevels, den täglichen Betrieb und die Durchführung von Updates. Oft kosten Updates so viel wie die Neueinführung eines Systems – und absorbieren ebenso viele Ressourcen und destabilisieren ein System für ein bis zwei Jahre. Ich will damit sagen, dass KMUs ihr Geld nur für Schmieren und Salben ausgeben. Da frag ich mich, wie diese Unternehmen die Chancen der Digitalisierung nutzen wollen, wenn sie doch noch mit Schmieren und Salbens beschäftigt sind. Eigentlich würden diese Unternehmen diese Ressourcen besser für die Digitalisierung ihres Geschäftsmodells einsetzen.

Wie sieht es mit Analytikwerkzeugen aus?

Analytik ist ein Thema für uns. Unsere Anwendungen sind bereits stark in der finanziellen Analyse wie Umsatz und Deckungsbeitrag. Darüber wissen unsere Kunden praktisch alles. Künftig wollen wir mit unseren Standardsystemen weitere Analysemöglichkeiten über operative Schlüsseldaten anbieten. Im Einzelfall integrieren wir auch Drittsysteme für Analytics. Wir sind überzeugt, dass die Analyse vorhandener Daten unseren Kunden grosse Chancen bietet und das Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist.

Der Cloud-Trend stellt CIOs beim Betrieb ihrer Business-Software vor die Wahl unterschiedlicher Cloud-Modelle. Wie reagieren Sie auf diese unterschiedlichen Anforderungen?

Wir bieten unseren Kunden mit unserer Cloud-Strategie individuelle Varianten von On-Premise bis zur Public Cloud an. Schlüsselrollen spielen dabei die Opacc Cloudbox und das Opacc Cloud-Center. Die Cloudbox ist ein Appliance Server. Auf diesem läuft die ganze Opacc-Plattform. Sie kann beim Kunden, bei einem Provider oder bei Opacc stehen. Im Cloud-Center betreiben wir die Anwendungen, welche die Ressourcen der Cloudbox verwenden. Der Kunde kann wählen, wo seine Ressourcen (Cloudbox) und seine Anwendungen betrieben werden. Ändern sich die Bedürfnisse, kann das Betriebskonzept schnell folgen. Wir sehen eine steigende Nachfrage nach Cloud-Angeboten. Es gibt bei einigen Kunden aber noch immer Vorbehalte, ihre Geschäftsdaten extern zu speichern. Das hängt sicher auch von der Sensibilität der Daten und der Branche ab. Kunden im Gesundheitswesen und der öffentlichen Hand gehen sehr sensibel mit ihren Daten um, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Aber auch das Luxusgütersegment, in dem Unternehmen viel über ihre Kunden wissen.

Welche weiteren Trends sehen Sie im Bereich Business-Software?

Der Megatrend in der Business-Software ist die Aufhebung bestehender Silos. Unternehmenskunden lösen sich hier vom Best-of-Breed-Ansatz. Sie trennen sich von dem Modell, das CRM des Softwarehauses X, das ERP des Herstellers Y und den Shop des Anbieters Z zu nutzen.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Kunden erkennen immer deutlicher, welche Nachteile dieser Ansatz mit sich bringt. Sie müssen die verschiedenen Systeme warten und miteinander synchron halten. Sie suchen daher nach Wegen, um aus dieser Situation he­rauszufinden. Heute gibt es vereinheitlichte Lösungen, wie wir sie etwa mit Opacc Oxas anbieten. Man kann damit sein Best-of-Breed-System auf einen Schlag ablösen oder einzelne Anwendungen schrittweise umstellen.

Lizenzmodelle und -kosten bremsen IT-Verantwortliche bei der Entwicklung von Innovationen für das Business. Wie reagiert Opacc darauf?

Ich konnte schon manchem Kunden vorrechnen, dass unsere Lizenzkosten tiefer liegen als die Miete für seine Mitarbeiterparkplätze. Wir sprechen von der digitalen Transformation, und es ist klar, dass diese etwas kostet. Wenn wir einem Kunden eine Plattform zur Verfügung stellen, mit der er dieser Herausforderung gewachsen ist, wird er wohl auch bereit sein, so viel Geld auszugeben, wie für seine Parkplätze.

Inwieweit ist die digitale Transformation ein Problem für Opacc?

Jedes Unternehmen ist jeden Tag in Gefahr. Es entsteht laufend Neues. Immer öfter auch ausserhalb der Branche. Für uns ist die digitale Transformation eine Riesenchance. Wir liefern die Plattform, die Unternehmen den erfolgreichen digitalen Wandel ermöglicht. Wir bewegen uns auf dem heissesten Feld, das es derzeit am Markt für Enter­prise-Software gibt und betreuen mehrere hundert Kunden mit soliden Produkten. Da müssten wir uns schon anstrengen, damit das für uns zum Problem wird.

Nun ist seit dem «Frankenschock» etwa ein Jahr vergangen. Inwieweit hat sich die Frankenstärke auf Ihr Business ausgewirkt?

Wir haben den Frankenschock im ersten Quartal des letzten Jahres gespürt. Manche Kunden sistierten Projekte. Den Einbruch konnten wir aber im weiteren Verlauf des Jahres wieder ausgleichen. Wir konnten zudem andere Kundenprojekte akquirieren und auf diese Weise das Geschäft des ersten Quartals überkompensieren. Viele der Kunden, die vom Frankenschock voll getroffen wurden, haben die Situation allerdings immer noch nicht ganz ausgestanden. Wenn sie für ihre Produkte und Services plötzlich 15 Prozent weniger Geld bekommen, müssten sie erstmal eine Gewinnmarge von 15 Prozent erwirtschaften. Wer hat diese schon? Aber Schweizer Unternehmen sind Herausforderungen gewohnt.

Wie bewerten Sie die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz?

Die Wirtschaft muss sich viel mehr mit der Realität auseinandersetzen als die Politik. Deshalb findet die Wirtschaft immer die besseren Lösungen. Ich bin optimistisch: Solange man der Schweizer Wirtschaft den nötigen Handlungsspielraum gibt, den sie braucht, mache ich mir keine Sorgen.

Wie sehen Ihre Pläne für Opacc 2016 aus?

Wir bieten für einige unserer Lösungen Cloud-Modelle an. Dieses Jahr wollen wir das Angebot, etwa mit unserem ERP-System, ergänzen. Zusätzlich werden wir unsere Services rund um die Cloudbox ausbauen. Wir wollen den Kunden ein vollständiges und flexibles Cloud-Angebot offerieren.

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