Spin-off-Förderung

Start-up-Schmieden ETH Zürich und EPF Lausanne

Uhr | Aktualisiert
von Gianna Crivelli

An der ETHZ und der EPFL ist im Jahr 2015 fast jede Woche ein neues Spin-off gegründet worden. Der Erfolg ist aber nicht garantiert. Die Hochschulen geben Auskunft über die Chancen der Spin-offs, deren Nutzen und künftige politische Hürden.

Die ETH Zürich (ETHZ) und die EPF Lausanne (EPFL) haben mit den Forschungsanstalten PSI, WSL, Empa und Eawag im Jahr 2015 über 200 Patente angemeldet. Zudem gründeten Wissenschaftler aus diesen Institutionen 48 Spin-offs, wie der Bund mitteilt. Beinahe jede Woche wurde damit eine neue Firma gegründet. Dieser bemerkenswerte Output wirft Fragen über den nachhaltigen Erfolg dieser Start-ups und den Mehrwert für die Schweizer Wirtschaft auf.

Nicht jedes Start-up überlebt

An der ETHZ wurden laut einer eigenen Studie bis Ende 2013 über 300 Spin-offs gegründet. "In den letzten Jahren wurden jährlich über 20 Spin-offs gegründet", sagt Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETHZ, auf Anfrage. Von diesen Spin-offs seien auch nach fünf Jahren noch über 90 Prozent auf dem Markt.

Hervé Lebret, Verantwortlicher von Innogrants, dem EPFL-Förderprogramm für Start-ups, liefert etwas nüchternere Zahlen für die Hochschule in Lausanne. An der EPFL wurden ebenfalls rund 300 Spin-offs gegründet, von denen 30 dabei sind, zu wachsen. Logitech etwa gehört zu den ehemaligen EPFL-Spin-offs. Lebret äussert sich zum Erfolg der Spin-offs folgendermassen: "Es braucht zehntausend Ideen, um tausend Unternehmen zu gründen. Hundert davon werden wachsen, zehn werden erfolgreich sein und ein einziges Unternehmen wird Google oder Airbnb."

Begleitung durch Hochschulen

Was tun also die ETHZ und die EPFL, um ihre Spin-offs zu unterstützen? Die Fördermechanismen sind an beiden Hochschulen vielseitig. An der EPFL beginnt die Unterstützung bei der Ausbildung und reicht von individueller Beratung bis hin zu Events, sagt Lebret. Die Vice Presidency for Innovation and Technology Transfer (VPIV) ist dabei die Koordinationsstelle zwischen EPFL und Industrie. Lebret betont, dass die EPFL Möglichkeiten für die Unternehmen schafft, jedoch nicht direkt beteiligt ist. Das Unternehmertum sei eine private Tätigkeit.

In Zürich ist ETH Transfer die erste Anlaufstelle für Gründer. Forscher erfahren hier, wie man Patente anmeldet und erhalten ein Feedback zu ihrer Idee, sagt Günther. Mit der Aufnahme in ein Pioneer-Fellow-Programm können die Jungunternehmer das Coaching, die Infrastruktur und das Netzwerk der ETH, das Innovation und Entrepreneurship Lab (ieLab), nutzen. ETH Transfer begleitet dabei die ganze Entwicklung bis zur Firmengründung.

Die zahlreichen Awards für Start-ups spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie sind laut Lebret die optimale Gelegenheit für die Start-ups, an finanzielle Ressourcen zu kommen und in der Öffentlichkeit bekannter zu werden. Diese Ansicht teilt auch Günther von der ETHZ. Kürzlich habe das Spin-off Xorlab bei Venture Kick 130'000 Franken gewonnen. Diese finanziellen Mittel seien für weitere Innovationen wichtig. Mit dem Gewinn eines Awards erhalten die Start-ups mehr Sichtbarkeit und können potenzielle Investoren auf sich aufmerksam machen.

Die EPFL fördere den Technologietransfer mit dem Ziel, dass die Wirtschaft davon in Form von Arbeitsplätzen profitiert, teilt Lebret mit. Günther betont auch den gesetzlichen Auftrag der ETHZ, die Grundlagenforschung in die Schweizer Wirtschaft zu transferieren. Die Spin-offs seien zudem auch ein Leistungsausweis der ETH.

Ausschluss aus Horizon 2020 mit Folgen

Die Hochschulen stehen dabei gleich drei politischen Herausforderungen gegenüber, wie es in der Mitteilung des Bundes heisst. Zum einen sieht das Stabilisierungsprogramm 2017–2019 des Bundesrats Kürzungen für den Bildungs-, Forschungs- und Innovationsbereich vor. Da die Hochschulen die Start-ups nicht direkt finanzieren, erwartet Lebret keine direkten Auswirkungen. Die Unterstützung der Forscher und Studenten hingegen könnten davon betroffen sein und so letztlich auch die Start-ups.

Das Pioneer-Fellowship der ETHZ wird durch private Investoren finanziert und sei daher ebenfalls nicht von den Kürzungen betroffen. Aber auch Günther räumt ein, dass die Kürzungen für die Grundlagenforschung und somit auch für die Patentanmeldungen Folgen haben könnten. Was sich schliesslich auf die Innovationskraft der Schweiz auswirken würde.

Weiter droht der Schweiz Ende dieses Jahres möglicherweise ein Ausschluss aus dem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation "Horizon 2020". Grund dafür ist die Weigerung, das Protokoll zur Ausweitung der EU-Personenfreizügigkeit auf Kroatien zu ratifizieren, wie der Bund mitteilt. Ein solcher Ausschluss wäre laut Lebret katastrophal. Die Unterstützung aus Brüssel für Unternehmensprojekte halte sich bereits in Grenzen und könnte sich so deutlich verschlechtern.

Günther setzt dieses Szenario in einen grösseren Kontext. Bei einem Ausschluss aus dem europäischen Wettbewerb "fehlt unseren Forschenden längerfristig ein wichtiges kompetitives Element, das die Forschung belebt". Für Günther ist deshalb klar: "Wird die Forschung geschwächt, beeinflusst das letztlich auch die Start-up-Tätigkeit."

ETHZ und EPFL international ausgerichtet

Ein weiteres Problem sieht der Bund in der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Diese stelle etwa für die EPFL ein hohes Risiko dar, weil 75 Prozent der Unternehmer an der EPFL aus dem Ausland kommen, wie Lebret mitteilt.

Günther sieht darin ebenfalls eine Hürde. Die ETH sei seit ihrer Gründung eine international ausgerichtete Hochschule. "Uns geht es darum, dass die besten Talente hier forschen, lehren und lernen", sagt er. "Es wäre ein grosser Nachteil für die Schweiz, wenn wir den Pool der Talente und damit der möglichen Spin-off-Gründungen künstlich verkleinern würden, denn die Menschen sind der wesentliche Schlüssel zum Erfolg."

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