So macht Trump das Internet kaputt
Im offenen Internet fliessen alle Daten gleichberechtigt und gleich schnell durch die Netze. Trump will dieses Prinzip nun beerdigen – und durch ein Zwei-Klassen-Internet ersetzen. Das sind gute Nachrichten für Provider, aber schlechte für alle Internet-Nutzer.
Netzneutralität bedeutet, dass Videos, Musik und Webseiten von Giganten wie YouTube, Facebook und WhatsApp oder kleineren Anbietern wie watson, Wilmaa oder Threema von den Internetprovidern gleich schnell über ihre Datennetze transportiert und nicht blockiert werden. In den USA droht das Prinzip der Netzneutralität nun zu fallen.
Worum gehts?
Die von Trumps Republikanern kontrollierte US-amerikanische Kommunikationsbehörde (FCC) will am 14. Dezember über die Abschaffung der Netzneutralitätsregeln der früheren Obama-Regierung abstimmen. 2015 hatte die Kommunikationsbehörde beschlossen, dass die Netzneutralität bewahrt werden soll. Internet-Providern wurde untersagt, Dienste wie YouTube, Netflix, Spotify und so weiter beim Datenverkehr zu bevorzugen, wenn diese bezahlen – und nicht zahlende Dienste auszubremsen oder gar zu blockieren.
Nun hat die FCC die "Anordnung zur Wiederherstellung der Freiheit im Internet" angekündigt. Internetanbietern in den USA würde so erlaubt, das Zwei-Klassen-Internet einzuführen. Damit würde das bislang geltende Prinzip der Netzneutralität aufgegeben. Zuvor hatte Trump die Mehrheitsverhältnisse in der FCC zugunsten der Republikaner verschoben.
Worum gehts wirklich?
Wie fast immer geht es um Geld, sehr viel Geld. Die Internetprovider drängen schon seit Jahren auf das Zwei-Klassen-Internet, um ihre Dienste stärker zu monetarisieren. Dies sei notwendig, um den rasant wachsenden Datenverkehr bewältigen zu können. Verfechter der Netzneutralität sagen hingegen, es gehe darum, sowohl den Internetfirmen als auch den Konsumenten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Trump gibt den Mobilfunk- und Internet-Providern Rückendeckung. Fällt die Netzneutralität in den USA, dürfte dies Signalwirkung für andere Länder haben.
Kippt die Netzneutralität, können die Provider zusätzliche Einnahmen generieren, wenn grosse Internetfirmen wie Netflix für die Netznutzung zusätzlich bezahlen müssen, damit ihre Dienste schneller zu den Nutzern transportiert werden. Ein Beispiel: Wenn Streamingdienst A bezahlt, muss auch Dienst B bezahlen, damit sein Stream in der gleichen Qualität beim Konsumenten ankommt. Zahlt er nicht, wird sein Dienst ausgebremst oder gar gesperrt und die Firma verliert vermutlich Nutzer. Kritiker befürchten, dass so kleinere Anbieter benachteiligt werden.
Fällt die Netzneutralität, können die Mobilfunkprovider einzelne Internet-Dienste bei ihren Handy-Abos bevorzugen. Allerdings ist zum Beispiel der Datenverbrauch der Spotify-Nutzung schon heute bei einigen Mobilfunk-Anbietern im Abopreis enthalten, während Nutzern anderer Streaming-Dienste der Datenverbrauch angerechnet wird. Die Provider erhöhen so die Attraktivität bestimmter Handy-Abos, was ihnen neue Kunden und Mehreinnahmen verschaffen soll. Die Konsumenten verlieren zu einem gewissen Ausmass ihre Wahlfreiheit, wenn nicht alle Internet-Dienste gleich behandelt werden. Warum würde man Dienst A nutzen, wenn Dienst B vom Mobilfunk-Anbieter bevorzugt wird?
Was bedeutet Netzneutralität genau?
Was ist Netzneutralität überhaupt? Und welche Bedeutung hat ein "freies Internet" für uns Konsumenten? Die einfachste Erklärung liefert dieses Video.
Netzneutralität bedeutet im engeren Sinn, dass Videos, Musik und Webseiten von Internetfirmen wie YouTube, Facebook, Netflix oder watson von den Internet-Providern gleich schnell über ihre Datennetze transportiert und nicht blockiert werden. Die Netzneutralität würde verletzt, wenn etwa Netflix Swisscom Geld bezahlen müsste, damit Netflix gleich schnell läuft wie Streaming-Dienste von Swisscom.
Netzneutralität bedeutet im weiteren Sinn, dass alle Dienste im Internet von den Internet-Providern gleich behandelt werden. Auch Handy-Abos, die Apps wie WhatsApp oder Spotify nicht dem Datenguthaben belasten, während andere Apps wie Skype das Datenguthaben verbrauchen, verstossen gemäss dieser Definition gegen die Netzneutralität, da sie das Prinzip der Datengleichberechtigung verletzen.
Wie sieht das Internet ohne Netzneutralität aus?
Diese Grafik gibt die Antwort:
Der feuchte Traum jedes Internet-Providers: Wer Netflix, YouTube und so weiter ruckelfrei geniessen will, zahlt drauf. Wer Online-Spiele ruckelfrei geniessen will, zahlt nochmals drauf. Dieses düstere Szenario malen zumindest die Verfechter der Netzneutralität an die Wand.
Wer ist dafür, wer dagegen?
Demokraten und Internetkonzerne wie Google, Apple und Netflix sprechen sich für die Netzneutralität aus, Republikaner und Internetanbieter dagegen.
Für Netzaktivisten ist die Netzneutralität die Basis für ein freies Internet.
Die Mobilfunk- und Internet-Provider lobbyieren seit Jahren für die Aufweichung der Netzneutralität. Mit dem Zwei-Klassen-Internet lässt sich mehr Geld verdienen. Dies sei notwendig, um den rasant wachsenden Datenverkehr bewältigen zu können, sprich den Ausbau der Netzinfrastruktur finanzieren zu können.
Gegner der Netzneutralität betonen zudem, dass einige Anbieter für ihre Inhalte eine stabilere oder schnellere Verbindung brauchen als andere und für diesen Qualitätsunterschied auch zahlen sollen. Support erhalten sie von der Trump-Regierung, die von einer "schlankeren und marktbasierten Rahmensetzung" spricht. Die EU hat die Netzneutralität bereits 2015 aufgeweicht.
Wird die Netzneutralität bereits heute verletzt?
Die Internet-Provider sagen Nein, die Konsumentenschützer Ja. Tatsache ist, dass die Netzneutralität im weiteren Sinne – alle Dienste müssen von den Providern gleich behandelt werden – in zahlreichen Ländern verletzt wird.
Auch in der Schweiz bevorzugen Swisscom, Salt und Sunrise seit Jahren Dienste von ausgewählten Partnern wie Spotify, Zattoo oder WhatsApp. Wenn die Provider etwa damit werben, dass bei ihren Jugendabos über WhatsApp versendete Nachrichten das Datenvolumen nicht belasten, werden dadurch kleinere Rivalen wie Threema benachteiligt, da dessen Datenverbrauch angerechnet wird.