Bericht von McKinsey

Schweiz büsst im Standortwettbewerb an Attraktivität ein

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Wie attraktiv ist die Schweiz als Europa-Hauptsitz für Firmen? Nicht mehr so attraktiv wie vor 20 Jahren. Das schreibt McKinsey in einem neuen Bericht zur Standortattraktivität der Schweiz.

(Source: Snyde88 / iStock)
(Source: Snyde88 / iStock)

"Noch vor 20 Jahren entschied sich die Hälfte der Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Europa errichten wollten, für die Schweiz", schreibt McKinsey. "Seither ist das Land jedoch gegenüber anderen Standorten in Europa und weltweit ins Hintertreffen geraten und verliert weiter an Boden."

Der Unternehmensberater hat in Kooperation mit Economiesuisse, Swissholdings und dem Swiss-American Chamber of Commerce einen Bericht zur Standortattraktivität der Schweiz verfasst. Er führte dafür Interviews mit über 100 CEOs internationaler Unternehmen.

Dabei gab es folgende Erkenntnisse:

  • International tätige Firmen aus dem In- und Ausland generieren über ein Drittel des Schweizer Bruttoinlandsprodukts, rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze in hochproduktiven Sektoren und fast die Hälfte der Unternehmenssteuer auf Bundesebene.

  • International tätige Firmen, die sich in den vergangenen zehn Jahren in der Schweiz niederliessen, steuerten 3,5 Milliarden Franken pro Jahr zum Bruttoinladprodukt bei. Sie generierten zusätzlich jährlich 500 Millionen Franken Steuereinnahmen.

  • Die Schweiz rutschte als Standort für Hauptsitze von Platz 1 auf Platz 3 ab. Im Zeitraum von 2009 bis 2013 entschieden sich 27 Prozent der Unternehmen, die ihren Hauptsitz verlagerten, für die Schweiz. 2014 bis 2018 waren es nur noch 19 Prozent – obwohl die Anzahl von An- und Umsiedlungen in Europa anstieg. Im Vergleich zu Singapur und Dubai büsste die Schweiz an Bedeutung ein.

  • Die Schweiz verpasste es, internationale Unternehmen in wachstumsstarken Sektoren anzuziehen. Global expandierende Tech-Firmen und chinesische Unternehmen – etwa Apple, Amazon, Alibaba, Alipay, Facebook, Netflix, Linkedin, Airbnb, Starbucks, Tesla und Uber – wählten andere europäische Standorte. Die Schweiz sei aber "grundsätzlich wettbewerbsfähig" geblieben und habe im Bereich Life Sciences sogar zugelegt, sagt McKinsey in seinem Bericht.

  • International tätige Firmen verlagern Aktivitäten vermehrt ins Ausland. Während in der Vergangenheit vor allem das Backoffice in ausländische Shared Services Centers abwanderte, gibt es in jüngster Zeit auch immer mehr vollständige Kompetenzzentren im Ausland, etwa im Bereich Digital und Advanced Analytics.

  • Die Schweiz weist zunehmend Defizite auf bei Standortfaktoren wie der Verfügbarkeit und Mobilität von hochqualifizierten Arbeitskräften. "Traditionelle Stärken wie steuerliche und regulatorische Stabilität beginnen zu verblassen", schreibt McKinsey. Auch im Standortmarketing verliere die Schweiz gegenüber Ländern, die besser koordiniert sind und mit mehr Ressourcen für die Ansiedelung neuer und den Erhalt bestehender international tätiger Unternehmen werben.

  • Die Schweiz könnte wieder zum führenden Standort für international tätige Firmen werden, sagt McKinsey. Dafür sollte sie zu ihrer wirtschaftsfreundlichen, pragmatischen Grundhaltung zurückfinden, ihre Einwanderungspolitik für hochqualifizierte Arbeitskräfte überdenken und mehr Studienplätze für stark nachgefragte Fachrichtungen bereitstellen. Die Schweiz sollte zudem ihre Position im internationalen regulatorischen, wirtschaftlichen und steuerlichen Kontext klären und ein aktiveres Standortmarketing betreiben, fordert McKinsey.

Den ganzen Bericht können Sie hier (PDF, Englisch, 40 Seiten) lesen. Letztes Jahr untersuchte McKinsey, wie die Schweizer Arbeitswelt von der Digitalisierung profitieren kann. Den Artikel dazu lesen Sie hier.

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