Comparis-Umfrage bei Kantonen

So behindern fehlende Standards und Kantönligeist das Schweizer Contact Tracing

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Fehlende Standards, fehlendes Know-how und Kantönligeist: Comparis stellt den Kantonen beim Contact Tracing ein vernichtendes Zeugnis aus. Eine Echtzeit-Situationsanalyse ist unmöglich. Die Schweiz sei im Blindflug unterwegs.

(Source: congerdesign / Pixabay)
(Source: congerdesign / Pixabay)

Weil jeder Kanton seine eigenen Programme nutzt, erschweren sie das Contact Tracing in der Schweiz. Wie Comparis mitteilt, kommt etwa statt einer standardisierten Realtime-Lösung ein Software-Dschungel zum Einsatz, unter anderem Excel. Einer der Excel-nutzenden Kantone habe auch nicht vor, eine Software zu beschaffen, wie sie selbst Firmen für ihre Kundenbetreuung einsetzen.

Diese Umstände verhindern eine Situationsanalyse in Echtzeit, wie es weiter heisst. "Es ist unverständlich, warum bei so einer wichtigen Angelegenheit, wo Information das Wichtigste ist, der Bund auf die Durchsetzung eines einheitlichen Standards verzichtet", lässt sich Comparis-Gesundheitsexperte Felix Schneuwly zitieren.

Langsamer Datenaustausch, beliebige Reporting-Intervalle

15 Kantone antworteten auf die Frage, auf welchem Weg sie üblicherweise Daten mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) tauschen. Standardmässig handle es sich dabei um E-Mails. Nur zwei Kantone nannten das Informationssystem Meldungen des Bundes (ISM) als Hauptquelle für den Austausch.

Das ist nicht der letzte Punkt, der eine Echtzeit-Situationsanalyse verhindert. Manche der Kantone melden ihre Daten stündlich bis täglich, wobei die Mehrheit der Kantone kein fixes Intervall habe. Von den 15 Kantonen, die auf die Frage geantwortet haben, macht einer nur einmal wöchentlich Meldung.

Fehlendes Know-how, fehlende Standards

Von den Kantonen, die eine spezielle Contact-Tracing-Software einsetzen, kennen die meisten gemäss Comparis nicht alle Möglichkeiten der Lösung. Sieben Umfrageteilnehmende verwenden die Software "Sormas", was sie zur meistgenutzten Software macht. Das Wissen um die Features des Programms sei aber sehr unterschiedlich.

Die Kantone erfassen ausserdem unterschiedliche Informationen, weil keine Minimalstandards vorgegeben seien. 15 Umfrageteilnehmende beantworteten die Frage nach zusätzlichen Schlüsselzahlen; aber keiner der Kantone erfasst irgendeine der von Comparis erfragten Schlüsselzahlen für eine verfeinerte Situationsabklärung.

"Das ist dramatisch. Denn so hilft der Appell des Bundesrates an die Selbstverantwortung der Bevölkerung gar nichts. Wir sind im Blindflug unterwegs", sagt Schneuwly.

Details zur Umfrage

Comparis befragte zwischen dem 7. und 13. Oktober die Gesundheitsdirektionen der 26 Kantone schriftlich.

Die SwissCovid-App läuft auch unabhängig vom Contact Tracing der Kantone. Es ist vorgesehen, dass sie in ganz Europa funktionieren soll - doch gibt es hier noch politische Hürden.

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