Studie der HSLU

Neue Erkenntnisse zu Digital Female Founders

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von Stefan Kyora, startupticker.ch

Für eine Studie der HSLU haben Gründerinnen von Unternehmen mit digitalem Geschäftsmodell Auskunft gegeben über die Entstehung der Firmen, Herausforderungen, die Bedeutung von Unterstützung und sinnvolle Förderung.

(Source: Magnet.me / Unsplash.com)
(Source: Magnet.me / Unsplash.com)

Die soeben publizierte Studie "Digital Female Founders" zeigt auf, welche Beweggründe, Eigenschaften sowie Kompetenzen Unternehmensgründerinnen mitbringen und welchen Weg ihr Unternehmen von der Idee über die Gründung bis zur Gegenwart genommen hat. Zudem wollten die Forschenden wissen, welchen Herausforderungen die Gründerinnen dabei begegnet sind, welche Förder- und Unterstützungsangebote sie genutzt haben und welche sie sich zusätzlich gewünscht hätten.

Die Studie wurde von einem interdisziplinären Forschungsteam aus den Departementen Wirtschaft, Soziale Arbeit und Technik & Architektur der Hochschule Luzern durchgeführt. Befragt wurden zehn Gründerinnen von Unternehmen mit digitalem Geschäftsmodell. Die Unternehmen der befragten Gründerinnen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich des Alters, des Reifegrades und der Grösse als auch hinsichtlich des Wachstumspotenzials. Die Palette reicht von einem Unternehmen, für das die Gründerin in Teilzeit arbeitet, bis zu einer Firma, die 2007 gegründet wurde und 65 Personen beschäftigt.

Wege zur Gründung

Freiheit und Sinnhaftigkeit werden von den Gründerinnen als zentrale Antriebsfaktoren erachtet, um in den Gründungsprozess einzusteigen und dranzubleiben. Rund die Hälfte der befragten Gründerinnen führt den Ursprung ihrer Gründungsideen auf ihre Aus- und Weiterbildungen zurück. Im Kontext der Projekt-, Bachelor- und Masterarbeiten erhielten die Gründerinnen den Anstoss, die Idee weiterzuverfolgen. Einerseits gewannen einzelne Gründerinnen Auszeichnungen, Wettbewerbe oder andere Anerkennungen mit ihren Projekten, andererseits trafen die Gründerinnen im Rahmen dieser Projekte auf zukünftige Mentorinnen und Mentoren oder Geschäftspartner und Geschäftspartnerinnen.

Die interviewten Gründerinnen sind sich einig, dass erste positive Rückmeldungen von aussen für den weiteren Verlauf ihrer Unternehmensgründung äussert wichtig waren. Sie erzählen von Begegnungen mit Schlüsselpersonen, die sie im richtigen Moment ermutigten, ihre Idee weiterzuverfolgen.

Finanzierung

In einer ersten Phase verfolgten fast alle interviewten Digital Female Founders einen typischen Bootstrapping-Ansatz, bei dem Gründerinnen auf externe Hilfe verzichten und eigenständig finanziert ihr Unternehmen aufbauen. Die Ausnahme zu dieser ersten Phase der Eigenfinanzierung bilden Gründerinnen der jüngeren Generation, die im Laufe oder direkt nach Abschluss ihres Studiums gründeten. Diese starteten sehr rasch mit unterschiedlichen Formen der Fremdfinanzierung, insbesondere jedoch mit der frühen Teilnahme an Start-up-Wettbewerben und Accelerator-Programmen.

Herausforderungen

Digital Female Founders erwähnen auf die Frage nach den grössten Herausforderungen nicht primär Gender-Aspekte, sondern Themen wie Finanzierung, Teamaufbau, Konkurrenz und das persönliche Wohlbefinden. Gleichwohl lassen sich geschlechtsspezifische Bezüge erkennen. Eine Gründerin nennt die Vereinbarkeitsthematik, die für sie trotz erhöhter Flexibilität in der Selbständigkeit herausfordernd bleibt. Zwar betrifft dies für sie nicht ausschliesslich, aber doch insbesondere weibliche Founders. Verschiedentlich werden überdies Vorurteile und Stereotypisierungen erwähnt, mit denen sich die Gründerinnen konfrontiert sehen.

Einzelne der befragten Gründerinnen erleben die Finanzierung auch als schwieriges Thema, weil sie sich mit Genderstereotypen und Vorurteilen konfrontiert sehen. Interessant ist, dass besonders jüngere Gründerinnen, die sich in der Start-up-Szene bewegen, keine solche Vorurteile schildern. Die beschriebenen Situationen wahrgenommener Ungleichheit scheinen sich auch vermehrt im traditionellen Finanzsektor abzuspielen.

Förderung

Auffallend ist, wie skeptisch viele Digital Female Founders frauenspezifischen Förderangeboten gegenüberstehen. Einzelne Gründerinnen sehen eine Gefahr, durch frauenspezifische Angebote bestehende Rollenstereotypen zu zementieren. So denken einige Interviewpartnerinnen, dass die Herausforderungen der Unternehmensgründung unabhängig vom Geschlecht der gründenden Personen gleich sind.

Die Studie zeigt jedoch auch auf, dass genderspezifische Themen punktuell und auf verschiedene Weise den unternehmerischen Alltag der Gründerinnen beeinflussen. Aus Sicht einer international agierenden Gründerin tauchen genderspezifische Aspekte in der Schweiz besonders subtil auf und stehen oftmals in Bezug zu traditionellen Rollenzuschreibungen und geschlechtsspezifischen Stereotypen, denen die Gründerinnen wenig entsprechen.

Diese genderspezifischen Herausforderungen lassen sich kaum mit frauenspezifischen Förderangeboten lösen und dementsprechend kritisch stehen viele Gründerinnen solchen Förderangeboten gegenüber. Vielmehr soll – so die Forderung einiger Gründerinnen – die bestehende Unternehmenswelt mit ihren Förderangeboten weiblicher werden. Das bedeutet auch, dass es nicht nur mehr Gründerinnen geben sollte, sondern auch mehr Frauen als Investorinnen und Mentorinnen agieren müssten.

Kategorisierung der Start-ups

Basierend auf den Erkenntnissen der Studie können anhand zweier zentraler Dimensionen vier Entwicklungspfade identifiziert werden, welche die Interviewpartnerinnen bei der Geschäftsentwicklung einschlugen. Die Dimensionen sind die die persönliche Zukunftsvision der Gründerin einerseits und der Innovationsgrad des Geschäftsmodells andererseits.

Die vielfältigen Entscheidungspfade von Digital Female Founders. (Source: Screenshot Schlussbericht Digital Female Founders / HSLU)

Der Schlussbericht kann auf der Website der HSLU heruntergeladen werden.

Dieser Beitrag ist zuerst auf startupticker.ch erschienen.

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