E-Health-Barometer

Digitalisierung im Gesundheitswesen dank Corona? Na ja …

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von René Jaun und ldw

Die Pandemie mag der Telemedizin einen vorübergehenden Schub verliehen haben. Doch gleichzeitig übermittelte das Gesundheitspersonal während Corona Daten wieder vermehrt analog. Immerhin: Die Bevölkerung scheint Gesundheits-Apps zu mögen, wenn sie denn etwas nützen.

(Source: santiago silver / AdobeStock.com)
(Source: santiago silver / AdobeStock.com)

Die Coronapandemie mag in manchen Bereichen die Digitalisierung beschleunigt haben. In der Schweizer Gesundheitsbranche jedoch zeigt sich, gelinde gesagt, ein differenziertes Bild, wie aus dem jüngsten "Swiss E-Health Barometer" von GFS Bern hervorgeht.

So seien in der Krise verstärkt "standardisierte Austauschwege" genutzt worden, heisst es in einer Mitteilung. Konkret: Für den Informationsaustausch zur Behandlung einer Patientin oder eines Patienten verwenden 78 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker das Faxgerät, 77 Prozent der Alters- und Pflegeheime sowie 76 Prozent der Spitalärztinnen und-ärzte das Telefon. Die Zahlen hängen vermutlich mit der Hektik der Pandemie zusammen, erklärte Tatjana Grez vom GfS während der Präsentation . Gesundheitsfachpersonen hätten unter hohem Druck gestanden und deshalb auf bewährte Kommunikationsmethoden zurückgegriffen.

Kanäle zum Informationsaustausch für die Behandlung von Patienten (Source: Swiss E-Health-Barometer)

Nichts desto trotz tauschen Gesundheitsfachpersonen Daten zunehmend auch Digital aus, vor allem innerhalb der eigenen Organisation. Im Austausch mit Externen sei das Bild wieder ernüchternder, kommentierte GfS-Co-Leiter Lukas Golder. In Puncto Digitalisierung gehe es zwar voran, "aber nach gut Schweizerischem Muster geht es langsam bis sehr langsam vorwärts".

Die Mehrheit aller Akteure des Gesundheitswesens unterstützt die systematische Nutzung von Online-Formularen zum Austausch von Informationen mit den Behörden. Bei der Ausarbeitung von behördlichen Standards für eHealth gibt es jedoch Verbesserungspotenzial.

Boom für Telemedizin, Akzeptanz für Gesundheits-Apps

Andernorts sorgte Corona natürlich für mehr Digitalisierung. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Telemedizin: 26 Prozent der befragten Praxisärztinnen und Ärzte gaben an, in den drei Monaten vor der Erhebung pflegerische Leistungen via Telemedizin erbracht zu haben. Bei den Spitex-Organisationen waren es 9 Prozent, 8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Aber: noch sei nicht klar, ob es sich hier wirklich um einen nachhaltigen Digitalisierungsschub handle.

Als mittelfristigen Katalysator für die Digitalisierung im Schweizer Gesundheitswesen könnten sich die wegen Corona entwickelten Gesundheits-Apps erweisen. So gaben immerhin 39 Prozent der befragten stimmberechtigten Personen an, die SwissCovid-App heruntergeladen zu haben. Von diesen nutzten sie 85 Prozent regelmässig – "bemerkenswert viel", kommentiert Golder. Die meisten (93 Prozent) nutzen die App aus Solidarität. Umgekehrt gaben jene, die SwissCovid nicht installierten an, für sich keinen Nutzen zu sehen. Auch oft genannt wurden Datenschutzbedenken.

Man könne nun gespannt sein auf das bald erscheinende digitale Covid-Zertifikat, welches der Bund derzeit entwickelt.

Laut Golder dürfte bei diesem für viele Anwender ein persönlicher Nutzen erkennbar sein, und entsprechend könnte die App auf noch breitere Akzeptanz stossen. Dies wiederum könnte Gesundheits-Apps im Allgemeinen zu einem Boost verhelfen.

EPD: Bevölkerung will es, Spitäler mögen es nicht

Bei der Veröffentlichung des letztjährigen E-Health-Barometer sorgte die plötzliche Verunsicherung der Bevölkerung gegenüber dem elektronischen Patientendossier (EPD) für Schlagzeilen:

Die Mehrheit wusste nicht mehr, ob sie ein EPD überhaupt nutzen möchte. Dies, nachdem die Akzeptanz zuvor fünf Jahre lang zugenommen hatte.

Heute könne man sagen, dass es sich dabei um einen Ausreisser gehandelt habe, wie Lukas Golder erklärte. Die Akzeptanz der Bevölkerung, ein EPD zu eröffnen, sei nun wieder bei der Mehrheit erkennbar. Laut den Ergebnissen ist der Trend zur Akzeptanz zur elektronischen Speicherung von Gesundheitsdaten innerhalb der Bevölkerung um 13 Prozentpunkte auf 70 Prozent ("eher/sehr" einverstanden) gestiegen.

Auch Gesundheitsfachpersonen nehmen das EPD überwiegend als gute Sache war. Einen vergleichsweise schlechteren Ruf geniesst das EPD aber unter den IT-Verantwortlichen der Spitäler. Nur noch knapp die Hälfte (52 Prozent) von ihnen finden es eine "eher/sehr gute" Sache – das sind 17 Prozentpunkte weniger als in der letzten Befragung. Golder erklärt sich diesen Meinungsumschwung damit, dass das EPD gerade neu eingeführt werde. Sobald die Startschwierigkeiten und Kinderkrankheiten behoben wurden, rechne man auch hier wieder mit steigender Zufriedenheit.

Trend zum Einverständnis elektronischer Speicherung von Daten (Source: Swiss E-Health-Barometer)

Wer selber ein EPD eröffnen will, kann dies im Kanton Aargau tun, in einer von inzwischen zwei möglichen Eröffnungsstellen.

Für die Studie befragte GfS Bern 1573 Gesundheitsfachpersonen und Akteure aus dem Gesundheitswesen und 1211 Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz. Die Befragungen fanden von November 2020 bis Januar 2021 statt. Alle Studienergebnisse stehen online zur Verfügung.

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