Roberto Cresta im Interview

So positioniert sich CKW Fiber Services auf dem Colocation-Markt

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Im Januar hat CKW Fiber Services das neue Rechenzentrum DC-Zug vorgestellt. Mit Effizienz und Sicherheit solle es gegenüber anderen lokalen Providern punkten, sagt Roberto Cresta von CKW Fiber Services. Auch die internationale Konkurrenz macht ihm keine Sorgen.

Roberto Cresta, Vorsitzender der ­Geschäftsleitung, CKW Fiber Services. (Source: zVg)
Roberto Cresta, Vorsitzender der ­Geschäftsleitung, CKW Fiber Services. (Source: zVg)

Im Januar haben Sie der Öffentlichkeit ihr neues Datacenter ­DC-Zug präsentiert. Es ist Teil Ihres Datacenter-Verbunds Zen­tralschweiz. Warum haben Sie sich entschieden, ein weiteres ­Rechenzentrum zu bauen?

Roberto Cresta: Im Zuge unserer Wachstumsstrategie hatten wir Ende 2019 eine Marktstudie in Auftrag gegeben mit dem Ziel, das Potenzial weiterer Datacenter-Infrastrukturen innerhalb des Wirtschaftsraums Zentralschweiz zu eruieren. Dies unter Berücksichtigung entsprechender ICT-Markt- und Technologietrends wie etwa Digitalisierung, Cloud, Managed Services wie SaaS, PaaS, IoT oder KI und geografischer Standortaspekte bezüglich Edge-Datacenter. Die Resultate waren sehr erfolgversprechend, weshalb wir uns entschieden, das Bauprojekt anzugehen. 

Was war in der Bauphase die grösste Herausforderung?

Die grösste Herausforderung war mit Sicherheit die Einhaltung des Terminplans, der sehr eng getaktet und auf den Bezugstermin des ersten Ankerkunden abgestimmt war. Aufgrund der anhaltend angespannten Liefer- und Beschaffungssituation nach der Pandemie für nahezu alle Baumaterialien, war dies eine echte Herausforderung. 

Aus welchen Branchen kommen die Kunden, die Sie aus dem ­neuen Datacenter bedienen möchten?

Das Kunden- und Branchenspektrum ist sehr breit und bezogen auf die unterschiedlichen Anforderungen der Branchen sehr interessant. Abgesehen davon beschäftigen sich sehr viele und unterschiedliche Branchen mit der Digitalisierung ihrer Prozesse, das unterstreicht die Diversifikation der Kunden- und Branchensegmente. Vom Grossunternehmen oder KMU bis zur öffentlichen Hand ist alles dabei. Zu den Branchen zählen wir ICT, Telekom, Life Science, Technologie und Dienstleister, um einzelne herauszustreichen. 

In der Mitteilung zum Launch erwähnen Sie unter anderem Unternehmen, die einen zweiten Standort für Housing, Storage und Archivierung ihrer Daten in einer anderen Region anstreben. Warum ist DC-Zug gerade für solche Vorhaben interessant?

Der Kanton Zug ist umgeben von wirtschaftlich starken Kantonen wie Zürich, Luzern und dem Aargau. Viele Unternehmen aus benachbarten Kantonen schätzen diese unmittelbare Nähe und die optimale Distanz zum neuen Datacenter in Rotkreuz, um einerseits neue Kundenpotentiale zu erschliessen oder eben Möglichkeiten zur Erweiterung von Backup- und Storage-Standorten zu haben. Aber auch Zuger Kunden schätzen die Möglichkeiten sich mit grossen Hyperscalern über andere Industrie-Datacenter im Grossraum Zürich zu vernetzen, um dort zusätzliche IT-Dienstleistungen zu beziehen. Diesbezüglich haben wir rund 1.6 Millionen Franken in den Ausbau des eigenen Backbone-Glasfasernetzes im Kanton Zug und Luzern investiert. Wir bieten georedundante, sichere und ultraschnelle Verbindungen und treffen den Puls der Zeit und erfüllen somit die Wünsche unserer Kunden. 

Laut einer Studie des Uptime-Instituts machen Rechenzentren bezüglich ihrer Energieeffizienz seit 2014 keine nennenswerten Fortschritte mehr. Stimmen Sie dieser Aussage zu?

Ich kenne diese Studie im Detail nicht, weshalb ich hier nur meine eigene Einschätzung wiedergeben kann. Mit dem Fortschritt und der anzustrebenden Energieeffizienz ist es so eine Sache. Da sollte man unterscheiden, ob wir von Rechenzentren älterer Bauart sprechen, die nachträglich auf eine höhere Energieeffizienz umgebaut werden sollen oder ob es sich um «Greenfield Projekte», so wie bei unserem neuen Datacenter in Rotkreuz, handelt. 
Bei Rechenzentren älterer Bauart gestalten sich Umbauten bezüglich Energieeffizienz schwierig, weil sie sehr aufwendig und kostspielig im Verhältnis zur gewonnenen Energieeffizienzsteigerung sind. Der Umbau von sicherheitsrelevanten Gewerken lässt sich zudem nicht unmittelbar mit herkömmlichen Umbauten vergleichen. Die Möglichkeiten hoher Effizienzsteigerungen bei Umbauten sind rein von den technischen Möglichkeiten und den energetischen Treibern her betrachtet, eher begrenzt. Das Bestreben von Rechenzentren-Betreibern solche Umbauprojekte anzugehen, ist daher gering. 

Wie sieht es bei Neubauten wie dem DC-Zug aus?

Als CKW-Tochterunternehmen war uns das Thema Energieeffizienz und in Kombination dazu die Reduktion des CO2-Fussabdruckes ein wichtiges Anliegen. Bei der Planung legten wir grossen Wert auf die technische Auslegung der Infrastrukturtechnik mit innovativen Konzepten bezüglich Kühlungsarchitektur und Stromverteilung, der einzusetzenden Technologie bezüglich des Stromverbrauchs, der Umsetzung und auf das Design des Rechenzentrums. Zudem achteten wir auf die Auswahl von State of the Art Komponenten, die die Effizienzkennzahlen wie PUE-Wert und Rack-Dichte, positiv beeinflussen. Ausserdem setzten wir auch Nachhaltigkeitsbestrebungen um, die die Energieeffizienz positiv beeinflussen. Um nochmals auf Ihre Frage zurückzukommen: Hinsichtlich der Schweiz und in den letzten Jahren neu errichteten Datacentern, würde ich sagen, dass doch einiges unternommen und realisiert wurde, um Datacenter energieeffizienter zu machen. 

Wie schneidet DC-Zug energietechnisch ab?

Wir haben das neue Datacenter DC-Zug so ausgelegt, dass wir einen PUE-Wert von 1.3 bis 1.2 erreichen sollten. Diesbezüglich streben wir Rack-Leistungsdichten von 4 bis 10 kW an. Somit trägt das Rechenzentrum, im Idealfall, 20 bis 30 Prozent zum Energieverbrauch der IT bei, was kein schlechter Wert ist. Was die Effizienz der IT anbelangt, gibt es sicherlich noch Luft nach oben. Bezüglich Infrastrukturtechnik haben wir noch einiges aufgewendet, um die Energieeffizienz zu steigern.

Sie achteten bei DC-Zug auf Nachhaltigkeit. Wie genau?

Wir haben etwa eine vollintegrierte Solarfassade und zusätzlich eine PV-Anlage auf dem Dach installiert. Der produzierte Strom der Anlage macht rund 10 Prozent des Gesamtstromverbrauchs des Datacenter aus und wird vollumfänglich für den Eigenverbrauch im Rechenzentrum genutzt. Des Weiteren verwenden wir eine hochmoderne USV-Anlage mit Lithium-Ionen-Batterien der neuesten Generation, die wesentlich höhere Kaltgangtemperaturen in den Rack-Cubes ermöglichen und so die Kühlleistung reduzieren. Dazu haben wir die Kälteerzeugung über Freecooling stark erhöht, sodass wir im neuen Datacenter rund 70 Prozent der Jahresbetriebszeit im Freecooling-Betrieb abdecken können. Da der Strom einer der grössten Kostenfaktoren im Anlagenbetrieb ist, kommt der Messung des Ressourcenverbrauchs grosse Bedeutung zu. Nur so lässt sich eine betriebliche Effizienz mit Nachhaltigkeitsnachweis erbringen. 

Laut der Mitteilung planen Sie, die Abwärme von DC-Zug konsequent zu verwerten. Wie tun Sie das?

Es ist vorgesehen, dass wir die Abwärme über einen auf dem Areal installierten Wärmetauscher an interessierte Verbraucher abgeben können. Die Vor-installationen sind vorhanden und wir stehen mit Unternehmen aus der unmittelbaren Nachbarschaft im Austausch. Auch wenn die zur Verfügung stehende Abwärme im Vergleich zu grossen Industrie-Datacenter mit IT-Leistungen im zweistelligen MW-Bereich, eher klein ist, so bemühen wir uns trotzdem, Abnehmer für diesen Energiebedarf zu finden.

Als Datacenter-Anbieter sind Sie nicht alleine. So betreiben die WWZ und EWL ebenfalls Rechenzentren in der Region. Wie wollen Sie gegenüber Ihren Konkurrenten punkten?

Es ist sicher so, dass wir am Wirtschaftsstandort Zug mit dem DC-Zug zurzeit über das modernste Datacenter verfügen. Bezüglich Unique Selling Points (USPs) denke ich unter anderem an die erwähnten Effizienzsteigerungen, die wir realisiert haben und für Kunden auch ausschlaggebend sein können, aber auch an die erhöhten physischen Sicherheitsanforderungen, am Beispiel der Erdbebensicherheit, die wir unseren Kunden neu anbieten können. Zentral ist jedoch, dass wir den Ausbau unserer Datacenter-Infrastruktur immer mit dem gleichzeitigen Ausbau der eigenen Glasfasernetze vorantreiben und so den Kunden aus allen Branchen optimale Voraussetzungen bezüglich Inhouse-Netzwerken und Konnektivität nach aussen mit georedundanten Anbindungen an unsere Datacenter gewährleisten können. Als klassischer Edge-Datacenter-Anbieter folgen wir im Speziellen mit der Standortwahl des DC-Zug der erhöhten Nachfrage nach Edge-Standorten, um Daten näher an den Kunden und den Applikationen zu verarbeiten. Die wesentlichen Treiber diesbezüglich sind die Digitalisierung mit KI- und IoT-Anwendungen sowie der zukünftigen Implementierung von 5G-Netzwerken. Direkte Feedbacks aus dem Markt zeigen, dass wir mit dem DC-Zug zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gelandet sind. Ein weiterer USP ist sicherlich die gelebte Kompetenz aller Mitarbeitenden und der mittlerweile hohe Erfahrungsgrad bezüglich des Bauens und des Betreibens von Infrastrukturanlagen und Glasfasernetzen.

In den letzten Jahren haben auch die internationalen Hyperscaler den Schweizer Markt entdeckt und hierzulande Rechenzentren gestartet. Wie kann sich ein Schweizer Unternehmen gegen deren Angebote durchsetzen?

Wie es der Name Hyperscaler schon sagt, wird ein Grossteil des Wachstums bezüglich Rechenzentren von globalen Technologieunternehmen beziehungsweise Providern beeinflusst und durch Pushen der Cloud-Technologie, vor allem der Public Cloud, vorangetrieben. Dadurch entsteht ein grosser Skalierungseffekt. Ich glaube, es ist wichtig, sich hier entsprechend der Strategie, des Leistungsangebots und der finanziellen Möglichkeiten richtig am Markt zu positionieren: Strebt man grosse Skaleneffekte an oder positioniert man sich eher als regionaler Nischenanbieter? Zwischen diesen beiden Extrempositionen gibt es genügend Spielraum, sich mit eigenen Zusatzdienstleistungen und/oder Partnerschaften zu differenzieren. Wir konzentrieren uns als Nischenanbieter auf Kundenstrukturen, die Einsatzbereiche hybrider IT-/Cloud-Umgebungen besetzen und vor allem individuelle Anwendungsbereiche abdecken, die nicht standardisiert verfügbar sind. Gerade in diesem Bereich überzeugen wir mit hoher Verfügbarkeit von Lichtwellenleiter-Netzen mit hohen Bandbreiten und tiefen Latenzzeiten. Hier unterscheiden wir uns grundsätzlich von den Bedürfnissen von Hyperscale-Providern. 

Laut einer Erhebung von CBRE hat die Schweiz (gemessen an der Bevölkerungszahl) aktuell eine der höchsten RZ-Dichten Europas. Was macht die Schweiz für RZ-Betreiber so interessant?

Das ist relativ schnell gesagt. Es ist hauptsächlich die Unabhängigkeit und die Souveränität der Schweiz bezüglich der Datenschutzanforderungen, inkl. deren Handhabe. Beispielsweise müsste eine ausländische Behörde für den Datenzugriff in Schweizer Datacentern die Bewilligung einer Schweizer Behörde einholen, bevor der entsprechende Provider die Daten aushändigen dürfte. Eine Ausnahme bilden US-amerikanische Provider. Diese unterliegen dem sog. CLOUD-Act, die es US-amerikanischen Behörden erlaubt, ohne die Involvierung von Schweizer Behörden auch von Schweizer Kunden in Schweizer Datacentern auf Daten zuzugreifen.

Wie sehen Sie die Zukunft des RZ-Marktes? Gibt es auf Dauer ­genügend Kundschaft für so viele Rechenzentren?

Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung in den unterschiedlichsten Branchen und in vielen Anwendungsfeldern wie E-Mobilität oder Smart City Uses Cases steigen die benötigte Rechenleistung und die zu transportierenden und zu verarbeitenden Datenvolumen exponentiell an. Auch die anhaltend hohe Migrationsleistung von internationalen Unternehmen in die Cloud tut der Nachfrage nach Housing-Infrastrukturen keinen Abbruch. Zum Wachstumskurs wird sich aber zunehmend ein regulatorischer Druck bemerkbar machen, Datacenter grundsätzlich noch energieeffizienter zu betreiben und dies nicht nur bezüglich der Gebäudeinfrastruktur, sondern vor allem auch bezüglich der eingesetzten IT-Systeme. 

 

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