Verbandsnachrichten von Asut

Der Trend zum externen Rechenzentrum spart Energie

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von Christine D’Anna-­Huber, Redaktion, Asut-Bulletin

In der Schweiz sind heute über 80 grosse Rechenzentren in Betrieb. Sie stehen im Ruf, extrem energiehungrig zu sein. Ein neuer Bericht zeigt allerdings, dass sie im Vergleich zu unternehmensinternen Rechenzentren weitaus weniger Energie verbrauchen. Der Trend zur Externalisierung der Unternehmens-IT ist deshalb zu begrüssen.

Christine D’Anna-­Huber, Redaktion, Asut-Bulletin. (Source: zVg)
Christine D’Anna-­Huber, Redaktion, Asut-Bulletin. (Source: zVg)

Ob im Geschäftsalltag oder im Privatleben: Zahlreiche Kommunikationsdienste und Anwendungen setzen inzwischen eine so grosse Rechenleistung und so viel Speicherkapazität voraus, dass ohne Rechenzentren (RZ) gar nichts ginge. RZs sind heute deshalb ein fester Bestandteil der soliden digitalen Basisinfrastruktur, auf die eine erfolgreiche Schweizer Industrie-, Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft angewiesen ist. Kein Wunder, dass die Rechenzentrumsfläche hierzulande in den letzten zehn Jahren stark zugenommen hat. 

Doch Rechenzentrum ist nicht gleich Rechenzentrum: Tausenden von kleineren und mittleren RZs in den Unternehmen steht eine wachsende Zahl von grossen betriebsexternen Rechenzentren gegenüber. Das hat zum einen damit zu tun, dass der wachsende Rechen- und Speicherbedarf die Kapazitäten und das Know-how der betriebsinternen und mit eigenen Ressourcen betriebenen IT mittlerweile oft übersteigen. Zum anderen führen Privacy- und Datenschutzbedenken dazu, dass Unternehmen ihre eigenen und die Daten ihrer Kunden lieber nicht mehr ins Ausland verlagern, sondern einem der grossen Schweizer Rechenzentren anvertrauen.
Letztere haben allerdings den Ruf, extrem energiehungrig zu sein. Regelmässig macht ihr Stromverbrauch negative Schlagzeilen. Der Trend zur Externalisierung der betriebsinternen Rechenzentren wird deshalb oft kritisch gesehen. Ob mit Recht, untersucht eine Studie des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation, Asut. Sie nimmt unter die Lupe, welche Auswirkungen die Verlagerung auf den Stromverbrauch der Gebäudeinfrastruktur tatsächlich hat. 

Vorauszuschicken ist, dass mit dem Begriff «grosse Rechenzentren» in der Schweiz in der Regel Colocation-Rechenzentren gemeint sind. Diese werden von Anbietern betrieben, die Rechenzentrumsfläche vermieten und für die Gebäudeinfrastruktur verantwortlich sind. Die IT-Systeme (z. B. Server oder Speicher) hingegen werden von den Kunden installiert und betrieben – darauf, wie energieeffizient sie dies tun, hat der Betreiber des Colocation-Rechenzentrums keinen Einfluss. Massive Hyperscaler-Rechenzentren hingegen gibt es in der Schweiz zurzeit noch nicht. Das bedeutet, dass auch Cloud-Anbieter wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud in Colocation-Rechenzentren eingemietet sind. 

Dass Rechenzentren elektrischen Strom benötigen, liegt auf der Hand. 2019 lag ihr Anteil am Gesamtstromverbrauch der Schweiz bei 3,6 Prozent. Die Asut-Studie belegt nun allerdings klar, dass interne RZs deutlich mehr Energie verbrauchen als Colocation-Rechenzentren. 

Die Stromeffizienz der Gebäudeinfrastruktur wird mit der Kenngrösse Power-Usage-Effectiveness (PUE) gemessen. Der durchschnittliche PUE-Wert von internen Rechenzentren in der Schweiz liegt bei 1,79, jener von Colocation-Rechenzentren bei 1,25. Das bedeutet, dass der Betrieb der Gebäudeinfrastruktur in einem Colocation-Rechenzentrum rund 68 Prozent weniger Strom beansprucht als in einem betriebsinternen Rechenzentrum. Bei modernen Anlagen fällt der Verbrauch noch geringer aus (PUE unter 1,2).

In einem zweiten Schritt zeigt die Studie, dass der Trend von internen zu Colocation-Rechenzentren in der Schweiz anhalten dürfte. Eine nicht-repräsentative Umfrage bei kleineren bis mittleren Unternehmen ergab, dass sie davon ausgehen, in den nächsten fünf Jahren insbesondere mehr Cloud-Dienste in Anspruch zu nehmen. Da diese in der Schweiz in Colocation-Rechenzentren erbracht werden, dürfte daher auch deren Zahl weiter wachsen.

Um zu berechnen, wie sich das auf den Stromverbrauch auswirken wird, entwickelten die Studienautoren zwei Szenarien. Das erste beruht auf dem in der Umfrage prognostizierten Umfang der vom eigenen internen Rechenzentrum in die Cloud oder zur Colocation verlagerten Workloads. Das zweite geht davon aus, dass die fortschreitende Digitalisierung die Verlagerung noch weiter beschleunigt und sich deren Umfang verdoppelt. In diesem Szenario würden praktisch keine unternehmensinternen RZs verbleiben. 

Der Effekt könnte klarer nicht sein: Im zweiten Fall verdoppelt sich auch der Einspareffekt. Resultiert im ersten Szenario eine Stromeinsparung von rund 2,4 Gigawattstunden (oder 4,4 Prozent des Stromverbrauchs der Unternehmen), so sind es im zweiten rund 4,9 Gigawattstunden (oder 8,8 Prozent des Stromverbrauchs). 
Damit belegt die Asut-Studie, wie irreführend es ist, den «hohen» Stromverbrauch neuer Colocation-Rechenzentren isoliert zu betrachten. Denn in der Summe benötigen diese weniger Strom als die kleinen Rechenzentren insgesamt und können so zu einer deutlichen Reduktion des Stromverbrauchs beitragen. Noch deutlicher dürfte das Resultat ausfallen, würden neben der Gebäudeinfrastruktur auch das Einsparpotenzial effizienterer IT-Infrastrukturen (z. B. durch Virtualisierung) oder Software (Green Coding) berücksichtigt.

Die Studie «Energetische Auswirkungen der IT-Verlagerung von internen zu externen Rechenzentren» kann auf der Website von Asut kostenlos heruntergeladen werden.
www.asut.ch

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