Generative KI zwischen technischen Versprechen und menschlicher Realität
Am Panoramai GenAI Summit in Lausanne haben Start-ups, Banken und Lösungsanbieter über den Einsatz von generativer KI in Unternehmen diskutiert. Die Veranstaltung zeigte: Die Kluft zwischen den Versprechen der Technologie und ihrer konkreten Umsetzung verschärft sich.

Der Panoramai GenAI Summit, der vom 3. bis 5. Juni in Lausanne über die Bühne gegangen ist, konzentrierte sich auf die konkreten Anwendungsmöglichkeiten generativer künstlicher Intelligenz. Am 4. Juni trafen sich auf dem Unlimitrust Campus Forschende, Start-ups, Bankengruppen und Anbieter von B2B-Lösungen, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Der Anlass zeigte, dass die Kluft zwischen technischen Versprechungen und deren tatsächlicher Einführung in Unternehmen immer grösser wird.
KI auf Augenhöhe mit der Organisation denken
Bereits in der ersten Gesprächsrunde öffnete sich ein Spannungsfeld: Die generative künstliche Intelligenz ist zwar technisch bereit, die Organisationen sind es jedoch nicht immer. Nicht, weil das Interesse oder das Budget fehlt, sondern weil es an Strukturen, einer gemeinsamen Vision oder geeigneten Rahmenbedingungen mangelt.
Die Experten betonten die wachsende Kluft zwischen den Fähigkeiten der Modelle und den Realitäten vor Ort. Die Annahme hängt nicht so sehr von den Tools ab, sondern von der Fähigkeit der Teams, zu experimentieren, zu dokumentieren und zu lernen. Einige betonten die Bedeutung von Open-Source-Modellen. Nicht nur aus Gründen der Souveränität, sondern auch, um die Nachvollziehbarkeit und eine effektive Kontrolle der Nutzung zu gewährleisten.
Yvan Cognasse, Head of Continental Europe Enterprise Architects bei Oracle, betonte: "Die KI muss so nah wie möglich an den Menschen, die experimentieren, reguliert werden. Wir brauchen einen Rahmen, aber auch eine Beschleunigung."
Über die regulatorischen Aspekte hinaus haben viele darauf hingewiesen, dass die von der generativen KI angetriebene Transformation nicht nur technologischer Natur sein kann. Sie wirft auch Fragen nach Sinn, Werten und einer langfristigen Vision auf. Einige forderten, bereits heute die sozialen, kulturellen und ethischen Auswirkungen zu antizipieren, um sicherzustellen, dass die technischen Entscheidungen mit den menschlichen Bedürfnissen in Einklang gebracht werden.
Nach Ansicht der Fachbereichsleiter entwickeln sich die Werkzeuge schnell, die Strukturen jedoch viel langsamer. Und genau hier liegt für viele die wahre Transformation.
Zwischen Marketing-Automatisierung und Realität
Die generative KI hält auch Einzug in die Marketing- und Vertriebsfunktionen. Die Versprechen sind zahlreich: Automatisierung von Mahnungen, Personalisierung von Nachrichten, gezieltere Kundenwerbung. Im Laufe der Gespräche wurde jedoch deutlich, wie schwierig es ist, diese Tools in die ohnehin schon fragilen Prozesse zu integrieren.
Die Werkzeuge werden immer zahlreicher, die Kanäle ebenfalls: CRM, E-Mail, Social Selling etc. Aber viele KMUs sind noch nicht bereit, um mit dieser Beschleunigung Schritt zu halten, wie Loris Todaro, Mitgründer von Hublead, unter Berufung auf eine Umfrage unter 500 Unternehmen sagte. Demnach fehlt es den meisten Unternehmen noch immer an digitalisierten Akquiseprozessen, an internen Kompetenzen und an Zeit, die sie mit manuellen Aufgaben verbringen. Derzeit beginnen nur 8,8 Prozent der B2B-Verkaufsinteraktionen tatsächlich auf einem digitalen Kanal. "KI im B2B-Banking ist gut, aber nicht für alles. Gut, um präziser und leistungsfähiger zu sein, aber nicht, um menschliche Beziehung zu ersetzen."
Eine Feststellung, die Samy Vischel von der Hotel- und Gastronomiegruppe Fauchon teilt. Die Integration eines KI-Assistenten in Vischels Team dauerte über ein Jahr. Nicht aus technischen Gründen, sondern weil man jede Ebene der Organisation schulen, begleiten und überzeugen musste. "Es ist einfach, wenn man in der Zentrale zu acht an einem Tisch sitzt, aber wenn man zu einem Küchenchef geht, um ihm zu sagen, dass er sein Papier für KI aufgeben soll, ist das eine andere Sache." Seiner Meinung nach ist KI mehr als nur eine Anwendung: Es ist eine Transformation, die Überwachung, Schulung und vor allem Zeit erfordert. "Meine Luxuskunden wollen nicht, dass eine KI antwortet. Sie wollen einen Menschen. Luxus bedeutet Personalisierung."
Kurzum, das Tool ist bereit, aber seine Einführung hängt von der Geschäftskultur, dem Vertrauen in die Technologie und der Zeit ab, die für Schulung und Begleitung zur Verfügung steht.
Regulieren, ohne zu bremsen: ein Rahmen, der nicht passt
Einige Redner sprachen die Grenzen des AI Acts der Europäischen Union an. Sie zeigten sich davon überzeugt, dass die Regulierung zu einem Hebel für Innovationen werden kann, wenn sie flexibel genug bleibt. Sie erinnerten daran, dass der AI Act ursprünglich für klassische Ansätze des maschinellen Lernens konzipiert worden war und heute nur schwierig auf mit LLMs verbundene Systeme, die oft komplexer sind oder mehrere Akteure umfassen, angewendet werden kann. Eine regulatorische Komplexität, die ihrer Meinung nach zu Ungleichgewichten in der Wertschöpfungskette führt.
Die Beiträge erinnerten daran, dass die mit der generativen KI verbundenen Herausforderungen nicht auf Tools oder Vorschriften beschränkt sind. Sie betreffen auch die Methode, die Governance und das Vokabular. Zwar schreiten die Technologien schnell voran, doch ihre Integration in die Organisationen wird nach wie vor durch menschliche, soziale und betriebliche Zwänge behindert.
Die Kluft zwischen den technischen Möglichkeiten und den konkreten Bedingungen für die Einführung von KI bleibt zentral. Die Herausforderung ist sowohl menschlich als auch technologisch. Ausbilden, betreuen, strukturieren. Und vor allem muss der Mensch beteiligt bleiben, auch wenn der Bot schneller antwortet.
Übrigens: Über 55 Schweizer Organisationen nehmen an den Swiss AI Weeks ab September 2025 teil. Im Rahmen des landesweiten Programms fördern die Teilnehmenden die neuesten Schweizer KI-Entwicklungen, um eine Brücke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu schlagen – mehr dazu lesen Sie hier.

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