McKinsey-Bericht

Deep Tech soll Europa 1 Million neue Jobs bescheren

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von Chiara Binder und jor

Bis 2030 sollen Deep-Tech-Firmen 1 Million neue Arbeitsplätze in Europa schaffen, wie ein Bericht von McKinsey zeigt. Doch die Herausforderung besteht demnach darin, die wachstumsstarken Firmen davon abzuhalten, in die USA abzuwandern.

(Source: 1xpert / Fotolia.com)
(Source: 1xpert / Fotolia.com)

Europa hinkt den USA seit Jahrzehnten beim Wirtschaftswachstum und bei der Gründung milliardenschwerer Technologieunternehmen hinterher. Ein neuer Bericht von McKinsey zeigt nun jedoch eine grosse Chance auf: Gezielte Investitionen in Deep-Tech-Firmen könnten Europa nicht nur zu mehr Wohlstand verhelfen, sondern auch seine technologische Souveränität stärken.

Der Bericht definiert Deep-Tech-Firmen als Unternehmen, die wissenschaftliche Durchbrüche nutzen, um drängende gesellschaftliche Probleme zu lösen. Typischerweise zeichnen sie sich durch eine hohe Forschungsintensität und einen erheblichen Kapitalbedarf aus.

Die Autoren argumentieren, dass Innovation die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit antreibt. Sie verweisen dabei auf den deutlichen Zusammenhang zwischen dem Innovationsranking eines Landes und dessen Wirtschaftswachstum. Angesichts der heutigen Unsicherheiten bei Handel und Zöllen sei dies eine besondere Chance für Europa, durch Investitionen in Deep Tech das eigene Wachstum zu fördern.

Die Grafik zeigt die Korrelation zwischen dem BIP-Wachstum und dem Globalen Innovationsindex.

(Source: mckinsey.com)

Ein starkes Deep-Tech-Ökosystem könne Europa an die Weltspitze bringen und seine technologische Souveränität in kritischen Sektoren wie Verteidigung, Energie oder Landwirtschaft stärken. So habe Europa in den 2000er Jahren den Aufstieg der grossen Software- und Dienstleistungsunternehmen ("Big Tech") verpasst. In der Folge verlangsamte sich das BIP-Wachstum in Europa, während es in den USA konstant blieb.

Zudem heben die Autoren hervor, dass Deep-Tech-Unternehmen im Verhältnis zu ihrem Wert mehr Arbeitsplätze schaffen als reguläre Technologiefirmen. Laut Analyse entfallen auf eine Million US-Dollar Unternehmenswert 0,24 neue Stellen. Das sei ein Plus von 87 Prozent im Vergleich zu klassischen Tech-Unternehmen. 

Die Grafik illustriert die Anzahl Mitarbeitende pro 1 Million US-Dollar Unternehmenswert. Es werden Software- und KI-Unternehmen mit Deeptech verglichen, wobei Deeptech 87 % mehr Mitarbeitende generiert.

(Source: mckinsey.com)

Drei Vorreiter zeigen, wie es geht

Europa verfüge mit seiner Industrie, dem Talentpool an MINT-Absolventen und etablierten Branchennetzwerken über ein solides Fundament. Der McKinsey-Bericht analysiert 13 europäische Länder und identifiziert mit Schweden, Frankreich und Grossbritannien drei Vorreiterländer.

Schweden zeichnet sich demnach durch zwei Besonderheiten aus: Zum einen lenkt das Land Pensionsfonds-Gelder doppelt so stark in Risikokapital wie der europäische Durchschnitt. Zum anderen flossen 1,6 Prozent des schwedischen BIP im Jahr 2024 in die Fremdfinanzierung von Deep-Tech-Firmen - ein Vielfaches der 0,1 Prozent in den USA.

Frankreich wiederum mobilisierte mit staatlichen Initiativen wie "La Mission French Tech" erfolgreich Kapital für Wachstumsunternehmen. Dadurch stieg die Zahl der "Einhörner" (Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Bewertung) mit einer der schnellsten Raten in Europa. Das Vereinigte Königreich punktet laut Bericht vor allem mit einem gründerfreundlichen Steuerumfeld.

Würden die anderen untersuchten Länder diese Ansätze übernehmen, könnte Europa laut Bericht bis 2030 einen Unternehmenswert von einer Billion Dollar und bis zu eine Million neue Jobs schaffen.

Grösste Hürde: die Abwanderung in die USA

Trotz des Potenzials warnt der Bericht vor der grössten Hürde: Viele europäische Start-ups wandern in die USA ab, sobald sie eine kritische Grösse erreichen. Gründe dafür sind laut McKinsey der bessere Zugang zu Risikokapital, steuerliche Anreize und ein kaufbereiterer Markt.

Der Bericht schlägt deshalb sechs Handlungsfelder vor, um Europas Deep-Tech-Ökosystem zu stärken:

  • Zugang zu Finanzierung (privat und öffentlich)
  • Zugang zu Liquidität (z.B. durch Börsengänge und Firmenverkäufe)
  • Förderliche Regulierung und Bürokratieabbau
  • Kundeninteresse und Vertrauensaufbau
  • Nutzung von regionalem Know-how und Infrastruktur (z.B. durch Technologietransfer von Universitäten)
  • Anwerbung und Förderung von Talenten (z.B. durch wettbewerbsfähige Gehälter und vereinfachte Visa-Prozesse)

 

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