"Visionen sind nur ein Tool in einem Werkzeugkasten, der mindestens zehn Werkzeuge enthält"
Der Software AG geht es gut. Das zeigen auch die positiven Quartalszahlen. So legte der Umsatz um 29 Prozent zu, und es gab einen Gewinnsprung von 20 Prozent. Die Netzwoche fragte beim Vorstandsvorsitzenden der Software AG, Karl-Heinz Streibich, nach.

Herr Streibich, die letzten Quartalszahlen zeigen, dass die Software AG hinsichtlich Umsatz und Gewinn wieder einen grossen Sprung nach vorn gemacht hat. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
Wir haben uns wirklich sehr positiv entwickelt. Insbesondere weil sich jetzt die Akquisitionen richtig auszahlen. In der Softwarebranche findet zurzeit eine sehr starke Konsolidierung statt und hier partizipiert die Software AG ganz stark. Wir haben über eine Milliarde Euro in Übernahmen investiert und das Gute dabei ist, dass wir diese Investitionen bis Ende 2011 schon wieder alle zurückbezahlt haben. So sind wir alle drei bis vier Jahre fit für die nächste Übernahme.
Aber Sie profitieren enorm von den Übernahmen. Gehen Sie damit nicht auch den Weg des geringsten Widerstandes?
Wachstum durch Akquisition und der Innovationsgewinn durch Übernahmen ist nicht einfacher als organisches Wachstum. Es gibt Themenbereiche, bei denen man aufholen muss. Der einzige Weg, einen zeitlichen Vorsprung zu schaffen, läuft über die Übernahme eines Unternehmens. So haben wir uns durch die Akquisition von Webmethods und IDS Scheer 20 Jahre Markterfahrung und Produktreife ins Boot geholt.
Was sind denn für die Software AG momentan die wichtigsten Wachstumstreiber?
Für die guten Ergebnisse des dritten Quartals sind drei Wachstumstreiber verantwortlich. Erstens hilft uns momentan der gute Dollarkurs, da wir ja auch sehr viele Umsätze im Dollarraum generieren. Ausserdem haben wir durch die Integration von IDS Scheer das Dienstleistungsgeschäft wesentlich verbessern können. Und schliesslich erlangen wir durch die Integration auch Skaleneffekte. Mit diesem Kostenreduktionspotenzial hat die Software AG eine viel effizientere Firmenstruktur. Wir haben bewiesen, dass wir durch mehr Grösse gleichzeitig ein rentableres Unternehmen sind.
Welche Vorteile hat der Kunde von Ihrem gewachsenen Unternehmen?
Die Vorteile für den Kunden sind offensichtlich. Wir können jetzt durch das grössere Portfolio aus einer Hand exzellente Geschäftsprozesse anbieten. Wir nennen das Business Process Excellence. Zudem treten wir als Berater auf und können selbst die Implementierung oder die Modernisierung der Prozesse in einem Unternehmen in die Hand nehmen. Wir decken nun die komplette Wertschöpfungskette zur Prozessoptimierung ab.
Wie weit ist die Integration von IDS Scheer abgeschlossen?
Die operative Integration ist inzwischen abgeschlossen. Die unternehmensrechtliche Integration, also die komplette Verschmelzung, braucht noch eine Weile. Aber das ist nicht relevant für die operative Zusammenarbeit. So eine grosse Integration zieht sich meist eine gewisse Zeit hin, da das Bewusstsein und das Herz der Mitarbeiter gewonnen werden müssen.
Sie wollen also, wie erwähnt, alle zwei bis vier Jahre ein weiteres Unternehmen kaufen. Dann wäre also frühestens 2012 der nächste Termin.
Ja, das könnte schon sein. Aber eine Übernahme hängt nicht nur davon ab, ob das Geld dafür vorhanden ist. Es hängt auch ganz entschieden davon ab, wie weit wir mit der Integration von IDS Scheer sind und welche Opportunitäten es gibt.
Vor einem Jahr, kurz nach Übernahme von IDS Scheer, hatten Sie gesagt, dass die Software AG 2010 den operativen Gewinn steigern könne und einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro erreichen würde. Wie sieht es denn heute aus?
Wir werden die Milliarde schaffen und die Grenze voraussichtlich noch überschreiten. Unsere Ergebnisprognose haben wir erhöht.
Sind denn amerikanische Unternehmen, wie beispielsweise Oracle, ein Vorbild für Sie in Sachen Akquisitionen?
Nein. Wir gehen bei unseren Übernahmen sehr selektiv unseren eigenen Weg.
Wäre es denn grundsätzlich denkbar, dass eine Übernahme der Software AG durch Dritte stattfinden könnte?
Theoretisch ja, praktisch ist das im Moment nicht absehbar. 30 Prozent der Aktien gehören der Software-AG-Stiftung und die hat erklärt, nicht zu verkaufen. Dadurch sind wir auch sicher vor feindlichen Übernahmen.
Anfang 2009 haben Sie mit der Übernahme der Schweizer Firma Teconomic den Schritt in den Finanzbereich gewagt. Sie streben hier eine Position unter den Top-3-Anbietern für auf Swift basierende IT-Services- & Softwarelösungen an. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Das entwickelt sich recht gut. Wir haben weltweit einige Swift-Projekte umgesetzt. Die Übernahme war ein richtiger Schritt.
Welche Unterschiede gibt es für die Software AG zwischen dem Schweizer und dem deutschen Markt?
Jeder Markt ist etwas anders. In Europa haben wir viel stärkere Unterschiede nach Ländern als in den USA nach Staaten. In der Schweiz konzentriert es sich von den Branchen her vor allem auf den Bankensektor und die Pharmaindustrie. Ausserdem haben in der Schweiz die Kunden eine sehr hohe Loyalität gegenüber ihren Lieferanten. Hier ist der Verdrängungswettbewerb somit schwieriger als in manch anderen Ländern.
Wie grenzt sich die Software AG von ihren Konkurrenten wie zum Beispiel IBM, Oracle oder Tibco ab?
Es gibt die Gruppe der grossen Konkurrenten wie IBM und Oracle und die Gruppe der etwa gleich grossen Mitbewerber. Zu den Grossen grenzen wir uns ab, indem wir ein neutraler Middleware-Anbieter sind. Wir stellen keine Hardware und keine Anwendungssoftware her – wir implementieren die Middleware für den Kunden als neutraler Anbieter. Gegenüber den mittelgrossen Mitbewerbern ist unser Produktportfolio erheblich umfangreicher.
Was sind für Sie die kommenden Trends und Entwicklungen im Business Process Management?
Wir werden zum einen stark in das Thema Master Data Management einsteigen und uns beim Complex Event Processing engagieren. Das heisst, wenn ein Unternehmen voll digitalisiert ist, dann soll der Mensch nicht überall eingreifen müssen. Hierbei werden bestimmte Datenströme analysiert und anschliessend automatisiert. Der dritte Punkt sind die Rules Engines – also das Ablegen der Unternehmensregeln in diesen Engines, auf die dann von den automatisierten Prozessen direkt zugegriffen werden kann.
Sie haben 2003 den Chefposten der Software AG Deutschland im Sturm erobert und die Firma sozusagen vor ihrem Untergang gerettet. Bezeichnen Sie sich selbst als Visionär der IT-Branche?
Als reiner Visionär würde ich mich nicht bezeichnen. Ich bin ein Geschäftsmann und habe damals die Neuausrichtung der Software AG vorangetrieben. Visionen sind dennoch nur ein Tool in einem Werkzeugkasten, der mindestens zehn Werkzeuge enthält.
Was sind für die Software AG und Sie persönlich die Ziele für die nächsten Jahre?
Die wichtigsten Ziele der Software AG sind, dass wir unseren Expansionskurs des profitablen Wachstums weiterführen. Somit bauen wir die Werthaltigkeit der Software AG für die Mitarbeiter, Kunden und Investoren weiter aus. Zudem wollen wir prozentual die gleichen Wachstumsraten für die Zukunft schaffen. Für mich persönlich ist es das Wichtigste, dass ich weiterhin gesund bleibe und die hohe Motivation für alle Beteiligten aufrechterhalten kann.

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