Nachfolger gesucht

Das sind die häufigsten Fehler beim Verkauf des eigenen IT-Unternehmens

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von Urs Prantl, Mentor für IT-KMUs, KMU Mentor & M&A-Berater, Evolutionplan

Für viele IT-Unternehmer stellt sich die Frage nach dem Firmenverkauf nur ein Mal in ihrem Leben. Finden sie keinen Nachfolger in der Familie oder bei den Mitarbeitern, dann ist der Verkauf oft die einzige Option. Durch ihre Unerfahrenheit begehen sie dabei aber häufig gravierende Fehler.

Urs Prantl, Mentor für IT-KMUs bei KMU Mentor und M&A-Berater bei Evolutionplan (Source: Martin Frick)
Urs Prantl, Mentor für IT-KMUs bei KMU Mentor und M&A-Berater bei Evolutionplan (Source: Martin Frick)

Erfahrungsgemäss warten Unternehmer mit ihrer Nachfolge zu lange. So lange, dass es plötzlich schnell gehen muss. Doch bereits die ersten Analysen zeigen grosse Schwachstellen. Das zu verkaufende Unternehmen ist weder strategisch reif noch organisatorisch fit für einen sinnvollen Verkauf. Mit dem Resultat, dass keine seriösen Kaufangebote eingehen oder nur zu einem lächerlich tiefen Preis.

 

Firmenverkauf im Alleingang

Im ersten Versuch wendet sich der Unternehmer meist selbst an potenzielle Käufer. Entweder über ein Verkaufsportal, bekannte Unternehmer, seine Hausbank oder über seinen Treuhänder.

Auch wenn dem Unternehmer in den nachfolgenden Treffen von Investoren assistiert wird, so agiert er in den zentralen Fragen des Verkaufsprozesses dennoch als Einzelkämpfer. Weder der Treuhänder noch die Hausbank verstehen sein Geschäftsmodell und andere IT-Spezifika, die sich bei Nicht- oder Falschdarstellung schnell mal im hohen zweistelligen Prozentbereich auf den Wert seiner Firma auswirken können. Er selbst hingegen hat keine Erfahrung und kein Wissen, wie der Verkaufsprozess für sein Unternehmen abläuft und worauf zu achten ist.

Seinen Fokus richtet er meist auf den Firmenwert und lässt diesen errechnen. Doch der Verkaufspreis richtet sich nie nach einer Unternehmensbewertung, sondern nach dem Preis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist. Daher kann der angebotene Preis (deutlich) tiefer sein, er kann aber auch wesentlich höher ausfallen. Nur selten entspricht er dem errechneten Preis. Ungeachtet dessen braucht der Unternehmer eine eigene Indikation zum Wert seines Unternehmens. Dazu reicht die einfache Formel von "x mal Ebit" völlig aus. Kommt hinzu, dass fast nie ein "nackter" Preis bezahlt wird, sondern dass die praktischen Kaufpreismodelle deutlich komplexere Preisabgeltungen vorsehen.

 

Verkaufsprozess wird unterschätzt

Der Verkaufsprozess ist komplex. Trotzdem sollte der Verkäufer (idealerweise durch seinen M&A-Berater geführt) den Druck auf Kaufinteressenten hochhalten und den Prozess vorantreiben. Ein erfolgreicher Verkauf dauert selten weniger als sechs, im Idealfall zwischen neun und zwölf Monaten. Zieht sich der Prozess länger als ein Jahr hin, so liegt entweder ein Spezialfall vor oder es ist sonstwo der Wurm drin.

Der Verkaufsprozess ist zudem sehr intensiv. Insbesondere in den Verhandlungsphasen des Letter of Intent und der Verträge sowie während der Due-Dilligence-Prüfungen sind Nachtschichten und Wochenendarbeiten keine Seltenheit. Diese müssen vom Unternehmer neben seinem operativen Geschäft mengenmässig, aber auch mental geleistet werden können.

 

Noch nicht bereit, "loszulassen"

Es kommt immer wieder vor, dass sich ein IT-Unternehmer euphorisch in den Verkaufsprozess stürzt. Mit zunehmender Konkretisierung des Deals und damit verbunden meist auch seines absehbaren Abgangs aus der Firma wachsen aber emotionale Widerstände. Im schlechtesten Fall führen sie dazu, dass eine gute Transaktion in letzter Minute abgeblasen wird. Ein guter Begleiter erkennt mit seinem Aussenblick die emotionale Bindung seines Mandanten an dessen Firma deutlich klarer und spricht es frühzeitig an. Sollte die Bindung noch zu stark sein, ist es entweder noch nicht der richtige Zeitpunkt für den Verkauf oder es braucht eine gute "Abnabelungsstrategie".

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