Bye-bye Oerlikon

Worldwebforum versucht Neustart

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Das Worldwebforum findet 2020 zum letzten Mal im grossen Rahmen statt. Zum Auftakt gab es gestern ein volles Programm mit prominenten Referenten und einem Ausblick auf das, was die Veranstalter vorhaben.

Fabian Hediger, Gründer des Worldwebforums. (Source: Netzmedien)
Fabian Hediger, Gründer des Worldwebforums. (Source: Netzmedien)

Das war’s. Die achte Ausgabe des Worldwebforums ist die letzte in dieser Form. In Zukunft soll die Veranstaltung in einem kleineren Rahmen stattfinden. Nicht mehr im Stage One in Oerlikon, sondern in einem "unkonventionellen Rockkonzert-Lokal" in Zürich, wie die Veranstalter mitteilen.

Event-Gründer Fabian Hediger zeigte sich auf der Bühne dennoch zuversichtlich. Eine kleine Location bedeute: bessere Rahmenbedingungen für Business Development. Zudem: "Unser neues Zuhause ist online." Die Veranstalter hätten ein redaktionelles Team aufgebaut. Es soll eine digitale Plattform für Content-Marketing bewirtschaften – mit Interviews, Webinaren und sonstigen Inhalten. Neu gibt es auch eine App. Subskriptionsgebühr für den Nutzer: 1 Franken pro Monat.

Grund für die Änderungen sind angeblich finanzielle Schwierigkeiten, wie "insideparadeplatz.ch" unter Berufung auf eine Insiderquelle berichtet. Die Einnahmen aus den verkauften Tickets lägen weit unter Budget. Die Veranstalter widersprechen allerdings: "Die Vermutung, dass dieses Jahr weniger Tickets verkauft worden sind als in den Jahren zuvor, trifft nicht zu", heisst es in einer Stellungnahme (PDF). Der zweitägige Event habe in den vergangenen vier Jahren jeweils 1500 Besucher gezählt.

Libra gibt sich demokratisch

Am diesjährigen Eröffnungstag war der Saal in Oerlikon denn auch voll besetzt. Die Gäste hörten gespannt zu, wie der ehemalige deutsche Aussenminister Joschka Fischer eloquent auf Englisch über Weltpolitik plauderte. Oder wie der ehemalige Fussballfunktionär Sepp Blatter seine Karriere Revue passieren liess. Oder wie Dante Disparte, Cheflobbyist der Libra Association, die Werbetrommel für die neue Facebook-Währung rührte. "Ich habe den Traum, dass das Land, in dem man geboren wurde, nicht mehr darüber entscheidet, ob man Zugang zum Zahlungswesen hat", sagte er.

Dante Disparte, Head of Policy and Communications, Libra Association. (Source: Netzmedien)

Libra ist eine von Facebook geplante, private Komplementärwährung, die noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. Mehr dazu lesen Sie hier. Disparte gab sich allerdings alle Mühe, die Währung als ein Gemeinwohlprojekt zu bewerben – als ein "inklusives Zahlungsnetzwerk mit unabhängiger Governance und umfassendem Ökosystem".

Auf die Frage, ob der Name Facebook für das Projekt nun Vor- oder Nachteile bringe, sagte er: "Facebook bringt uns potenzielle Skaleneffekte und somit mehr Möglichkeiten". Interessenskonflikte? Keine Spur, gab er zu verstehen. "Das Ziel ist wichtiger als die Technologie." Letztere sei ohnehin der einfache Teil. "Soziale Koordination und Organisation: Das ist die grosse Herausforderung."

Chefs: Sucht Euch einen neuen Job

Um gesellschaftliche Fragen drehte sich auch eine Paneldiskussion über künstliche Intelligenz (KI). Könnte eine KI einen Politiker oder einen Priester ersetzen? Im Prinzip wäre das sogar eine gute Idee, denn Menschen sind ohnehin hoffnungslos irrational, sagte Jeff Eggers, der den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama in Sicherheitsfragen beriet. Er plädierte dafür, mehr in Bildung zu investieren – die einzige Chance, um den Herausforderungen zu begegnen, die KI schon heute mit sich bringt.

Dass man Technik und Naturwissenschaften fördern muss, liegt auf der Hand. "Wir müssen aber ebenso viel in Verhaltenswissenschaften und Philosophie investieren", sagte er. Denn: "Wir müssen überdenken, was wir heute für unantastbar menschlich halten." Und den Menschen, die sich selbst als "Leader" verstehen, rät Eggers: "get over it" – auf Deutsch: Findet Euch damit ab. "Sucht Euch einen neuen Job. Oder findet neue Wege, Eure Unternehmen oder Eure Länder zu führen."

Jeff Eggers (r.) war Kommandant in der US-Armee und arbeitete später als Sicherheitsberater im Weissen Haus. (Source: Netzmedien)

Immer weiter nach den Sternen greifen

Den wohl aufregendsten Werbespot gab Jordan Noone zum Besten. Er sprach über sein Start-up Relativity und zog dabei nicht nur die Aufmerksamkeit der anwesenden Weltraum-Fans auf sich. Die Mission des Unternehmens ist kühn. Im kommenden Jahr will es eine Rakete, die aus einem 3-D-Drucker stammt, ins All schiessen.

Doch die Vision geht noch weiter: Die Rakete aus dem Metall-Drucker soll dereinst zum Mars fliegen. Und: "In 20 Jahren soll alles, was fliegt, aus dem 3-D-Drucker kommen", sagte Noone. Mit seinen Plänen konnte das Start-up schon einige Investoren überzeugen. 185 Millionen US-Dollar hat Relativity bereits gesammelt.

Jordan Noone, CTO von Relativity. (Source: Netzmedien)

Die NASA geht ironischerweise einen umgekehrten Weg: Im vergangenen Sommer gab die US-Raumfahrtbehörde bekannt, dass sie ein Mini-Raumschiff namens Archinaut One baut. Das Ziel: einen 3-D-Drucker ins Weltall schiessen, um dort Teile für andere Raumschiffe herzustellen. Lesen Sie hier mehr dazu.

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