Prinzip der Gegenseitigkeit

So profitieren Schweizer Unternehmen vom neuen WTO-Übereinkommen zum Beschaffungswesen

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von René Jaun und fki

Anfang 2021 tritt für die Schweiz das revidierte WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen in Kraft. Es soll den wirksamen Wettbewerb gewährleisten und den Marktzugang erweitern.

(Source: b1-foto / Pixabay.com)
(Source: b1-foto / Pixabay.com)

Ab nächstem Jahr verbessern sich die Zugangsbedingungen zu ausländischen öffentlichen Beschaffungsmärkten für Schweizer Unternehmen. Denn per 1. Januar tritt für die Schweiz das revidierte WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen in Kraft, wie die Bundesverwaltung in einer Mitteilung schreibt. Der Bundesrat habe am 2. Dezember die entsprechende Annahmeurkunde hinterlegt.

Zusätzlicher Marktzugang von jährlich bis zu 100 Milliarden US-Dollar

Das "Government Procurement Agreement" (GPA), wie es in Englisch heisst, "ist ein plurilaterales Übereinkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)", so die Bundesverwaltung weiter. Es zähle zur Zeit 48 Mitglieder, darunter die 27 EU-Mitgliedsstaaten. Das Hauptziel des GPA sei die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs und des gegenseitigen diskriminierungsfreien Zugangs zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten unter den Vertragsparteien ab bestimmten festgelegten Schwellenwerten.

Das revidierte GPA, welches für die ersten Vertragsparteien schon 2014 in Kraft trat, erweitere den Umfang des Marktzugangs gestützt auf das Prinzip der Gegenseitigkeit. Der durch die Revision zusätzlicher entstehende Marktzugang lasse sich mit 80 bis 100 Milliarden US-Dollar jährlich beziffern, schreibt die Bundesverwaltung unter Berufung auf Schätzungen der WTO.

Zudem soll das neue Übereinkommen den Kampf gegen Korruption stärken und Interessenskonflikte verhindern. Ferner trage es dem technologischen Wandel Rechnung und sehe die Möglichkeit zur Umsetzung von Umweltzielen vor.

Neue Perspektiven

Gemäss der Mitteilung eröffnet das revidierte GPA für Schweizer Unternehmen neue Perspektiven, beispielsweise in den kanadischen Provinzen, bestimmten Agglomerationen in Japan oder im Bereich der städtischen Transporte in Korea.

Die Mitteilung enthält auch noch einige konkrete Zahlen zu internationalen Beschaffungen letzten Jahres: Demnach belief sich der Wert der öffentlichen Beschaffungen von Bund und Kantonen, die im Rahmen des GPA vergeben und der WTO notifiziert wurden, auf 11,5 Milliarden Franken; 7,4 Milliarden Franken davon entfielen auf Beschaffungen des Bundes. Für rund 96 Prozent dieses Betrags erhielten Unternehmen mit Sitz in der Schweiz den Zuschlag.

Zeitgleich mit dem revidierten GPA tritt auch die revidierte Schweizer Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen in Kraft. Dies hatte der Bundesrat bereits im Februar entschieden. Diese Revision ebnete den Weg, um die überarbeitete GPA nun in Kraft zu setzen, führt die Bundesverwaltung aus.

Das Hauptziel der Beschaffungsrechtsrevision war, die Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen soweit wie möglich zu harmonisieren. Das neue Gesetz legt aber auch einen Schwerpunkt auf das Thema Nachhaltigkeit. Was eine nachhaltige IT-Beschaffung konkret bedeutet und warum die Revision des Beschaffungsrechts einen Paradigmenwechsel markiert, lesen Sie im Interview mit Matthias Stürmer, Leiter der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit am Institut für Informatik der Universität Bern.

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