Asut IoT-Konferenz

Zukunftstechnologie auf ihrem Weg in die Gegenwart

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von René Jaun und jor

Ob Medizin, Baubranche oder Landwirtschaft – fast überall tüftelt man an IoT-Lösungen. An der dritten Asut-IoT-Konferenz erfuhr das Publikum, was heute schon möglich ist, und an welchen Hürden die Technologie aus der Zukunft noch scheitert.

Asut-Verbandspräsident Peter Grüter eröffnete die IoT-Konferenz des Asut. (Source: zVg)
Asut-Verbandspräsident Peter Grüter eröffnete die IoT-Konferenz des Asut. (Source: zVg)

Zum dritten Mal ist die IoT-Konferenz des Asut, des Verbandes der Schweizer Telekombranche, über die Bühne gegangen. Rund 350 Gäste nahmen wahlweise vor Ort im Kursaal Bern oder online daran teil, vermelden die Organisatoren. Dieses Jahr stand sie unter dem Motto: "When IoT meets Future".

Vor drei Jahren habe man die erste IoT-Konferenz durchgeführt, erinnerte sich Asut-Verbandspräsident Peter Grüter zu Beginn der Tagung. Man wollte den Dialog zwischen IT und OT fördern. "Der findet hier statt, und ohne diesen Dialog funktioniert das ganze System nicht." IOT sei nicht eine kleine Entwicklung, sondern stehe für "einen tiefen, gesellschaftlichen Wandel", sagte Grüter weiter. Als Wissensgesellschaft könne man heute jedes Problem berechnen, und jede Lösung unmittelbar und weltweit vertreiben – zumindest theoretisch, denn: "Es gibt noch Störfaktoren". Awareness legt zu, aber die Umsetzung hapert. Verglichen mit der ersten IoT-Konferenz vom April 2019, kamen dieses Mal allerdings deutlich mehr praktische IoT-Anwendungen zur Sprache.

Corona habe zwar keinen generellen IoT-Schub ausgelöst, erklärte Friederike Hoffmann, Head of Connected Business Solutions bei Swisscom, während einer Debatte. Vielmehr seien manche Projekte zurückgestellt worden, wie etwa Payment Terminals, Automaten oder Raumüberwachungslösungen. Zugelegt habe dagegen das Wide-Area-Netzwerk LoRaWAN. Zu den oft gefragten Use Cases gehörten Gas-, Wasser- oder Standortüberwachungslösungen. Und dank der Pandemie traten neue Anwendungen in den Vordergrund, um etwa die Anzahl Personen in Räumen zu kontrollieren oder die Luftqualität zu messen.

Stephanie Züllig, Unternehmerin und Verwaltungsrätin bei Securitas, schloss sich Hoffmanns Beobachtungen an. Gefragt seien aktuell IoT-Anwendungen, um die sichere Rückkehr ins Büro zu ermöglichen. Aber Sicherheit müsse auch generell im Fokus des IoT stehen. "Es kann schnell gehen, binnen Minuten ein Netzwerk zu infizieren", führte Züllig aus. Unter Anwendern bestehe für den Sicherheitsaspekt zwar Awareness, allerdings mangle es noch bei der Umsetzung.

Panel-Diskussion an der IoT-Konferenz des Asut. (Source: zVg)

Dem pflichtete auch Manuel Nappo bei. Der Director des Institute for Digital Business an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) betonte den steigenden Bedarf an "Digital Leaders", die ganz anders leiten als klassische Führungskräfte. An seinem Institut gehe es zudem nicht mehr nur um neue Technologien wie etwa künstliche Intelligenz, sondern auch um damit verbundene ethische Fragen.

Larissa Holaschke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Trends & Identity, Departement Design an der Zürcher Hochschule der Künste (ZhdK) sprach über die zunehmende Sensibilisierung für Identitätsfragen. Viele IoT-Anwendungen seien heute ganz natürlich auf die Bedürfnisse von Männern zwischen 35 und 49 Jahren ausgerichtet. Gleichzeitig könnten IoT-Lösungen helfen, diese Diskriminierung zu beenden.

IoT gegen das Bauchgefühl

"Die Stärke des IoT ist es, relevante Informationen in der realen Welt automatisch zu erfassen, miteinander zu verknüpfen und im virtuellen Raum verfügbar zu machen", schreibt der Asut in der Mitteilung zur diesjährigen Konferenz. Was das bringt, zeigten diverse Expertinnen und Experten anhand praktischer Beispiele. Inga-Leena Schwager, Head of International Markets bei Amberg Loglay, befasst sich mit der IoT-gestützten Optimierung von Baustellen. Vieles werde dort üblicherweise aus einem Bauchgefühl heraus entschieden. Dies führe zu kaum genutzten Geräten, überlasteten Aufzügen oder unnötig wartenden Mitarbeitenden. Dank durchgehendem GPS-Tracking könne man nun etwa feststellen, wie wenig ein Gabelstapler genutzt werde. Dies wiederum kann die Baufirma nutzen, um den Einsatz effizienter zu planen. Doch noch seien nicht alle Probleme gelöst: Ihr Unternehmen suche nämlich noch nach einem Tracking-Device, welches auch wirklich überall, auch in den untersten Stockwerken einer Baustelle, funktioniere, sagte Schwager.

Stephan Gerber, Postdoctoral Researcher an der Universität Bern, präsentierte eine wortwörtlich mit Sensoren vollbepackte Wohnung. Das "neuroTech lab" gehört zum Berner Inselspital, und in der Wohnung sollten Patienten ganz normal wohnen können. Dank der Sensoren sei es möglich, zum Beispiel Störungen im Gang eines Patienten während des Tagesablaufs zu erkennen. Dies wiederum ermögliche dann, die Medikation eines Patienten ganz auf seine Bedürfnisse einzustellen oder – im Notfall – die Spitex zu alarmieren.

Technologie braucht noch mehr Technologie

Wie IoT dabei helfen kann, nachhaltiger zu werden, zeigte Petra Zimmermann, Vizedirektorin des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Schon jetzt werde in der Schweiz vieles gemessen, führte sie aus. Das Zusammenführen verschiedener Messwerte sei aber noch sehr häufig eine langwierige, manuelle Aufgabe. Für die Zukunft wünschte sich Zimmermann "das Zusammenspiel von viel mehr Sensoren". Dies zu bewerkstelligen, sei aber nicht mehr nur eine Aufgabe des Bundes, sondern vieler verschiedener Akteure.

Petra Zimmermann, Vizedirektorin des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). (Source: zVg)

Auch Thomas Anken, Gruppenleiter Digitale Produktion bei Agroscope, zeigte einerseits auf, wie IoT-Lösungen heute schon helfen können, Landwirtschaft nachhaltiger und effizienter zu betreiben. Dort ermöglichen es IoT-Anwendungen, Pflanzenkrankheiten zu prognostizieren, Unkraut zu erkennen, das Fressverhalten der Milchkühe zu messen oder Bewässerungsanlagen ganz gezielt einzusetzen.

Doch sein Referat machte auch deutlich, dass es in Sachen IoT in der Schweiz noch einiges zu tun gibt. Namentlich brachte Anken das Thema 5G zur Sprache: Viele Bauern stünden der neuen Technologie noch sehr kritisch gegenüber. Zudem mangle es in ländlichen Gebieten noch oft an Konnektivität. "Dass wir Daten in die Cloud pumpen, ist eher Future", sagte er und fügte an: "Es sind noch grosse Anstrengungen nötig." Welche Möglichkeiten IoT in der Landwirtschaft eröffnet, lesen Sie in Thomas Ankens Fachbeitrag.

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