Interview mit Rudolf Dieterle

"Am Ende der Pilotphase entscheiden wir, ob und wie wir weitergehen"

Uhr | Aktualisiert
von Janine Aegerter

Rudolf Dieterle, Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), spricht im Interview über die Pläne des Astra, die Erkennung von Staubildungen mittels Mobile-Daten von Autofahrern zu verbessern und wie das Astra das Ganze technisch umgesetzt hat.

Rudolf Dieterle, Direktor des Bundesamts für Strassen (Quelle: Astra)
Rudolf Dieterle, Direktor des Bundesamts für Strassen (Quelle: Astra)

Herr Dieterle, wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Swisscom und Astra?

Wir haben das "Projekt Reisezeitinformationen" im Rahmen einer WTO-Ausschreibung ausgeschrieben, und Swisscom hat diese im Herbst 2012 gewonnen.

Welche Daten leitet Swisscom an Astra weiter?

Wir erhalten im Abstand von zweieinhalb Minuten durchschnittliche Reisezeiten und den Zeitverlust in jedem Abschnitt für jeweils beide Fahrtrichtungen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird an 8000 virtuellen Messpunkten gemessen. Diese Messpunkte sind sogenannte "Sammelstellen", die Swisscom für die Bildung des Durchschnittswerts in einem Abschnitt benötigt. Bei unserem Nationalstrassennetz von 2000 Kilometern hat es etwa alle 500 Meter auf der Autobahn einen solchen Messpunkt. Die daraus gewonnenen Informationen nutzen wir für die Erkennung von Staubildungen.

Welche Richtlinien bezüglich Datenschutz mussten Sie dabei berücksichtigen?

Swisscom liefert uns keine Kundendaten. Wir erhalten nur anonymisierte und hochagregierte Verkehrsinformationen wie zum Beispiel Geschwindigkeit und Reisezeit auf einer beliebigen Autobahnstrecke. Daher können wir keinen Bezug zum Fahrzeug oder zum Fahrer herstellen. Die Datenschutzfragen müssen ganz klar seitens Swisscom gelöst werden, da ihre Daten ja nicht anonymisiert sind.

Sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen des Projekts zufrieden?

Ja, es war und ist eine gute Zusammenarbeit. Auch das temporäre Ergebnis in Form einer Webapplikation ist sehr ansprechend. Bis Mitte Mai werden wir diese Applikation in die Systeme unserer Verkehrsmanagementzentrale in Emmen integrieren.

Wie geht es jetzt weiter?

Derzeit findet die Abnahme statt, mit der bestätigt werden soll, dass wir die Daten von Swisscom so erhalten, wie wir es im Vertrag vereinbart haben. Bis 2017 läuft dann das Pilotprojekt weiter. In dieser Zeit werden wir die Daten untersuchen und optimieren. Am Ende der Pilotphase werden wir uns entscheiden, ob und wie wir weitergehen oder ob wir das Ganze abbrechen. Es könnte ja beispielsweise sein, dass uns die Entwicklung überholt, sodass wir die gleichen Ergebnisse auf eine andere Art und Weise besser oder günstiger erhalten, beispielsweise via Car-to-X-Communication.

A propos – wie viel kostet das Projekt eigentlich?

Die dafür veranschlagten Kosten betragen 1,75 Millionen Franken, also 250 000 Franken für die Erstellung sowie weitere 500 000 Franken für jedes Betriebsjahr des drei Jahre dauernden Pilotprojekts.

Wie haben Sie das Ganze seitens Astra technisch umgesetzt?

Das Projekt ist in drei Module unterteilt. Das Modul 1 beinhaltet die Datenlieferung, das Modul 2 die Visualisierung der Daten und das Modul 3 die Datenhistory. Für Modul 1 hat Swisscom eine Schnittstelle für die Datenübernahme in die Fachapplikation, also die Managementzentrale der integrierten Applikationen (INA), bereitgestellt. Modul 2 wurde innerhalb der INA realisiert: Der vom Astra für die Realisierung von INA beauftragte Lösungspartner hat die Übernahme der Daten ins System, deren Aufbereitung und Darstellung realisiert. Modul 3 ist die erwähnte Webapplikation von Swisscom, die uns als Webinterface zur Verfügung steht.

Gab es Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Wir hatten eine gewisse zeitliche Verzögerung, aber die war nicht sehr gross. Seitens Swisscom gab es da sicher mehr Schwierigkeiten zu bewältigen, da bei ihnen ja der grösste Teil der Arbeit liegt. Wir sehen ja nur die Spitze des Eisbergs.

Gibt es im Rahmen dieser Datenerhebung auch Projekte für die Zukunft?

Eine Optimierung beispielsweise wäre die Verkürzung der Zykluszeit auf bis zu eine Minute, damit wir die Stauentwicklung zeitnäher beobachten können. Wir könnten die Datenerhebung auch netzmässig ausdehnen, damit wir sehen, wo Staus auf dem nachgelagerten Netz entstehen. Längerfristig gesehen gibt es zudem einen Bedarf, das Verkehrsgeschehen und das Verhalten einzelner Fahrzeuge detaillierter zu verstehen. Das ist wichtig für ein optimales Verkehrsmanagement und um zu sehen, wie ausgelastet die Verkehrswege sind. Dies kann aber auch eine Grundlage für neuartige Navigationssysteme bedeuten, die das Fahrverhalten aller Beteiligten zeitnah berücksichtigen und Autos besser durch die Strassen leiten. Aber solche Dinge liegen noch in weiter Ferne, vielleicht in einem Zeitraum von 10 bis 20 Jahren, schätze ich. Zudem müsste man das Ganze natürlich datenschutzverträglich umsetzen und in die politische Diskussion einbinden.

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