PWC-Studie

Schweizer Unternehmen geizen bei der Digitalisierung

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Für die meisten Schweizer Unternehmen ist die Digitalisierung eine rein technische Angelegenheit. Auf strategischer Ebene gehen das Thema nur rund ein Drittel der hiesigen Firmen an. Ausserdem sind sie im europäischen Vergleich zurückhaltend, wenn es ums Investiern in neue Technologien geht.

(Source: Freepik)
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76 Prozent der Schweizer Familienunternehmen und KMU erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine positive Umsatzentwicklung. Zuversichtlicher ist sonst nur Österreich mit 77 Prozent. Das zeigt die Studie "European Private Business Survey 2019". Dafür hat das Beratungsunternehmen PWC knapp 2500 Unternehmen in 31 europäischen Ländern (EU plus Norwegen, die Schweiz und die Türkei) befragt. Aus der Schweiz gaben 90 Entscheidungsträger Auskunft. Pessimistischer als die Schweizer und Österreicher sind gemäss Studie die Nachbarn im Norden: In Deutschland erwarten nur knapp 46 Prozent ein Wachstum, in Schweden nur 44 Prozent.

Die Konkurrenz für KMUs ist gross

Die negative Stimmung ist gemäss Studie begründet: Das weltweite Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, der Handelskrieg zwischen den USA und China nimmt an Schwung auf und die Brexit-Debatte führt zu zusätzlichen Spannungen.

Trotz zuversichtlicher Stimmung sei für Schweizer Familienunternehmen das wirtschaftliche Terrain eher schwierig. Der Binnenmarkt ist oft eher klein, weswegen sich viele Unternehmen international ausrichten. Die Konkurrenz ist jedoch gross, der Wettstreit enorm: Vor allem Mitbewerber aus dem asiatischen Raum entwickeln sich rasend und profitieren zudem von günstigen Produktionskapazitäten, wie es in der Studie heisst.

In dieser neuen, anspruchsvollen Normalität rät PwC den Schweizer Unternehmen, ihre traditionelle Weitsicht mit ihrer bewährten Innovationskraft zu kombinieren.

Den Fokus verlegen

Wer mit diesen rasanten Entwicklungen mithalten wolle, komme um die Digitalisierung nicht herum. Die Branche und Firmengrösse spielten dabei keine Rolle. International haben das viele KMU und Familienunternehmen erkannt. In der Schweiz ist dieses Bewusstsein noch nicht so verbreitet. Nur 51 Prozent der Betriebe erachten die Digitalisierung als relevant. Verglichen mit Grossbritannien (85 Prozent) oder Skandinavien (72 Prozent) gebe es noch Luft nach oben.

Im Allgemeinen verstehen Schweizer Unternehmen die Digitalisierung als rein technische Angelegenheit. Nur gut ein Drittel der Firmen geht das Thema strategisch an. Am wichtigsten erachten die Studienteilnehmer zukunftsfähige IT (66 Prozent), die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen (42 Prozent) und die Zusammenarbeit mit Partnern (33 Prozent).

Unternehmen unterschätzen Auswirkung von Zukunftstechnologien

Im Vergleich mit den Nachbarländern sind Schweizer Unternehmen sehr zurückhaltend bei Investitionen in die Digitalisierung. Deutsche und österreichische Unternehmen planen 24 Prozent beziehungsweise 23 Prozent ihres Investitionsvolumens für die Digitalisierung ein. Nur acht Prozent der hiesigen Firmen wollen mehr als fünf Prozent dafür ausgeben, also knapp 5 Mal weniger.

Die meisten befragten Schweizer Familienunternehmen wollen in den kommenden fünf Jahren weniger als drei Prozent ihres gesamten Investitionsvolumens in die Digitalisierung investieren. PwC Schweiz rät aber zum genauen Gegenteil: Die Digitalisierung gehöre auf die strategische Agenda. Durch sie erlangten Unternehmen effizientere Produktionen, verbesserte Maschinenverfügbarkeiten, gezieltere Ressourcennutzung und vor allem optimierte Prozesse.

Als einen der Gründe für die finanzielle Zurückhaltung nennt PWC die Tatsache, dass viele Unternehmen die Auswirkung der Zukunftstechnologien unterschätzen oder gar nicht realisieren. Nur 4 Prozent der hiesigen Firmen sind von der Relevanz der KI (künstliche Intelligenz) überzeugt. Als zentral erachtet wird das Internet der Dinge (39 Prozent), Robotics (32 Prozent), die virtuelle Realität (19 Prozent) und der 3-D-Druck (18 Prozent).

Doch nicht nur das Unterschätzen des digitalen Potentials sei ein Grund für die Bedenken. Die grössten Hindernisse von Schweizer Firmen bei der digitalen Transformation sind die mögliche Arbeitsbelastung der Mitarbeiter (53 Prozent), die drohenden Kosten (44 Prozent) und der Mangel an entsprechender interner Expertise (34 Prozent).

Es sei nicht erstaunlich, dass Familienunternehmen und Unternehmen im Mittelstand ihre Investitionen gründlich planten. Die Digitalisierung fordere hohe Summen – bei Familienunternehmen stehe nicht selten das familiäre Vermögen auf dem Spiel.

Kompetenzen im digitalen Bereich gefragt

Innovative Technologien seien nur so gut wie die Menschen, die sie nutzten. Ergo brauche es für eine erfolgreiche digitale Transformation Experten auf diesem Bereich. Es stehen laut PWC existenzielle Ziele auf dem Spiel: das Wachstum der Firma, das interne Know-how und die Marktmacht. Der Fachkräftemangel hat fast für die Hälfte der europäischen Unternehmen Umsatzverluste bedeutet. In der Schweiz summiert sich das entgangene Umsatzpotential auf 5,2 Milliarden Euro, 2018 waren es noch 5 Milliarden Euro.

54 Prozent der Schweizer Unternehmen und KMU sind der Ansicht, sie verfügen nicht über die richtigen Talente um die aktuellen Technologien auszuschöpfen. Nur 21 Prozent der gesuchten Mitarbeiter entfallen auf digitale Spezialisten. Es werden hauptsächlich Aushilfskräfte (32 Prozent), Auszubildende und Techniker (je 27 Prozent) gesucht. Erst dann folgen Ingenieure (23 Prozent) und schlussendlich die digitalen Experten (21 Prozent).

Immerhin 43 Prozent der digitalen Fähigkeiten in Schweizer Unternehmen stammen aus dem eigenen Unternehmen und 54 Prozent von externen Partnern. 10 Prozent der Firmen arbeiten mit Start-ups zusammen. Um das notwendige technische und digitale Know-how zu fördern, wollen 82 Prozent interne Schulungen durchführen. 79 Prozent der Unternehmen wollen über entsprechende Rekrutierungen zum gewünschten Ergebnis kommen, 70 Prozent mithilfe von externen Trainings.

Dabei könnten Schweizer KMU und Familienunternehmen Mitarbeitern einiges bieten. Oft dürften Fachkräfte bei guten Leistungen schnell viel Verantwortung übernehmen und das Unternehmen aktiver mitgestalten. In kotierten Grossunternehmen sei das eher selten möglich. So können sich die kleineren Firmen gemäss Studie gegen namhafte Konzerne behaupten.

Wie Unternehmen den Umstieg auf ein datengetriebenes Business meistern, erklärt Ladan Pooyan-Weihs, Dozentin und Leitern von CAS Digital Transformation an der Hochschule Luzern.

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