Zeitgemässes Meldesystem gefordert

So hat das BAG die Digitalisierung verschlafen

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Vergangenes Jahr im Sommer hat das BAG einen Bericht zur Überprüfung der Umsetzung des Epidemiegesetztes in Auftrag gegeben - bevor Covid-19 ein Thema wurde. Nun hat das BAG den Bericht veröffentlicht. Dieser zeigt, dass das Bundesamt die Digitalisierung bis zur Pandemie verschlief.

(Source: kreefax / Fotolia.com)
(Source: kreefax / Fotolia.com)

Das Bundesgesetz zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten und die drei dazugehörige Verordnungen sind seit 2016 in Kraft. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist unter anderem für die Umsetzung verantwortlich. Im Sommer 2019 hat das BAG eine externe Standortanalyse in Auftrag gegeben, um den Stand bei der Umsetzung des Gesetztes und allfällige Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dann jedoch kam die Corona-Pandemie noch vor dem Resultat der Untersuchung. Nun sind die Ergebnisse der Untersuchung da. Das BAG hat die Standortanalyse von Bolz und Partner veröffentlicht. Demnach hatte das BAG zu Beginn der Pandemie vor allem in der Digitalisierung Nachholbedarf.

Die Digitalisierung im Dornröschenschlaf

Laut dem Bericht hapert es bei der Digitalisierung, beim Datenbestand und beim Datenschutz respektive der Datenverwendung. Insbesondere bei der Digitalisierung gab es zu Beginn der Pandemie Nachholbedarf. "Allerdings ist der Rückstand des elektronischen/digitalisierten Meldens auf die vom BAG selbst gesetzten Ziele und die externen Erwartungen so gross, dass von einem eigentlichen Vollzugsrückstand gesprochen werden kann", heisst es in der Untersuchung.

Während der Untersuchung erfolgte die Meldung in Papierform von Praxen, Spitälern und Laboren zum Kantonsarzt. Dieser sendete die Meldung per Fax an das BAG weiter. Im BAG wurden die Meldungen dann per Hand in eine Datenbank eingetragen. Dieses System sei schon mit den 70'000 jährlichen Meldungen vor der Pandemie an seine Grenzen gelangt. Folglich verwundert es nicht, dass das BAG zu Beginn der Corona-Pandemie mit den Meldungen überfordert war. Die befragten Experten bezeichnen dieses System als "nicht zeitgemäss". Ein elektronisches Meldesystem, das nicht über die Kantone gehen muss, ist viel effizienter. Durch Integration der Systeme könnten die Kantone und alle relevanten Nutzer auch in Echtzeit auf die Daten eines solchen Systems zugreifen.

Gemäss der Untersuchung bezeichnete die WHO die Meldung auf dem Papier-, Telefon- oder Faxweg schon im Jahr 2005 als "Schwachstelle im Hinblick auf die Datenqualität" und schlug dem BAG vor, die elektronische Datenübermittlung zu prüfen. Die Notwendigkeit der Zentralisierung und Digitalisierung des Meldesystems habe sich 2009 im Laufe der Schweinegrippe bestätigt. Auch eine Evaluation im Jahre 2012 stellte fest, dass ein elektronisches Meldesystem eingerichtet werden sollte. Das Ziel, ein elektronisches Meldesystem zu schaffen, Bestand also schon lange. Eigentlich sollte das Projekt, schon vor sieben Jahren abgeschlossen sein. Die Untersuchung fand nicht heraus, wieso dies noch nicht der Fall war. Die Labore waren während der Untersuchung in der Umstellung auf ein elektronisches Meldesystem. Allerdings seien Investitionen in die IT-Infrastruktur seitens der Labore nötig.

Nützlichkeit der Daten ungewiss

Auch die Nützlichkeit und Nutzbarkeit der gesammelten Daten werden von den Experten und Anwendern angezweifelt. Denn die Qualität der Daten sei häufig zu schlecht und es bestünden nicht nachvollziehbare Vorbehalte wegen dem Datenschutz seitens des BAG. Im internationalen Vergleich würden in der Schweiz deshalb zu wenig Studien mit den Meldedaten durchgeführt. Zudem wird von Ärzten kritisiert, dass die Daten nicht auffindbar seien oder dass das Suchen der Daten zu lange ginge.

Im April dieses Jahres wurde die Abteilung Digitale Transformation im BAG geschaffen - unabhängig von der Pandemie. Die Analyse empfiehlt, dass diese Abteilung die Schaffung eines Meldesystems unterstützt. Es scheint, als hätte Sie bereits begonnen. Momentan arbeitet die Abteilung an einer nationalen Datenbank zur Bändigung des Datenchaos. Es wurden auch Zwischenlösungen für das Meldesystem implementiert, wie "Watson" berichtet.

Ablauf der Analyse

Die Datensammlung für die Untersuchung erfolgte vor der Corona-Pandemie. Damit stellt der Bericht keine Analyse während der Bekämpfung von Covid-19 dar. Die Autoren stellen aber klar, dass die öffentlich zugänglichen Informationen die Empfehlungen und Erkenntnisse der Untersuchung eher stärken. Die Analyse erfolgte in einer Basisanalyse im BAG und mit Experten und Expertinnen sowie im Feld bei den Kantonen, Leistungserbringern und Fachpersonen. Für die Analyse wurden 31 halbstandardisierte Interviews und eine Umfrage durchgeführt. Zudem stützt sich die Untersuchung auch auf die Analyse von Unterlagen und Berichten. Dabei wurden 11 Schwerpunkte ausgewertet.

Nach der Untersuchung werden die Bestimmungen in allen 11 Schwerpunkten des Gesetzes vollzogen. Dazu sei der Vollzug auch gut organisiert. Die Kompetenzen und Aufgaben des BAG sind im Gesetz nun klar definiert.

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