Sondern Europa und die USA

Warum nicht China und die USA das KI-Rennen dominieren

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von Yannick Chavanne und Übersetzung: Marc Landis

Aus technisch-wirtschaftlicher Sicht wird KI nicht von dem Duo USA-China dominiert. Zwei europäische Expertinnen sehen in diesem Bereich nur eine einzige Grossmacht.

(Source: bubaone / iStock)
(Source: bubaone / iStock)

Wenn vom Wettlauf um künstliche Intelligenz (KI) die Rede ist, kommen einem sofort zwei Länder in den Sinn: China und die USA. Einige Medien und politische Entscheidungsträger sprechen schnell von einem neuen amerikanisch-chinesischen kalten Krieg über KI. Eine überparteiliche Dominanz, die Europa und den Rest der Welt weit hinter sich lassen würde.

Aber stimmt diese Rhetorik auch? In einem wissenschaftlichen Artikel ("Is There an AI Cold War?"), der in der Zeitschrift Global Perspectives veröffentlicht wurde, gehen Joanna J. Bryson und Helena Malikova dieser Frage auf den Grund. Bryson ist Professorin an der Hertie School in Berlin und Expertin für KI und ihre ethischen Implikationen. Malikova arbeitet für die Europäische Kommission im Bereich der Wettbewerbspolitik und beschäftigt sich mit den Strategien von Unternehmen in der Plattformökonomie.

"Obwohl KI wichtige militärische Anwendungen hat, werden diese in der Regel ausdrücklich aus diesen Diskussionen ausgeklammert, die sich stattdessen auf Daten, Datenschutz, Überwachung, Marktmacht und Innovation konzentrieren", stellen die Autorinnen fest. Ein symbolischer Schauplatz also, an dem China kürzlich "Lights 2.0" vorstellte, eine künstliche Superintelligenz, die das von OpenAI entwickelte Sprachmodell GPT-3 entthront hätte.

Die Regulierungsbemühungen der EU werden diskreditiert

Diese technisch-wirtschaftliche Konfrontation zwischen nur zwei dominierenden Ländern würde einer Analyse der Fakten nicht standhalten. In der Tat würde dieser Diskurs teilweise dazu dienen, die Regulierungsbemühungen der Europäischen Union im Bereich des Datenschutzes zu diskreditieren, so die beiden Experten. Bemühungen, die von der EU-DSGVO initiiert wurden und die nach Ansicht ihrer Kritiker darauf hinauslaufen, sich selbst ins Knie zu schiessen. Dies insbesondere angesichts des rasanten Fortschritts eines Chinas, das bei der Nutzung riesiger Datenmengen zugunsten immer effizienterer KI-Modelle weit weniger vorsichtig sein muss.

Eine Rhetorik, die nicht zutrifft

Das binäre Schema eines "kalten Krieges der KI" wird durch zwei Indikatoren untergraben: international angemeldete KI-Patente und die Marktkapitalisierung der Unternehmen, die diese Patente halten. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass diese Indikatoren zwar Schwächen aufweisen, aber zweifellos sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene eine potenzielle Stärke und Bedeutung haben.

Europa und der Rest der Welt unterschätzt

Die Analyse der Daten für die berücksichtigten Indikatoren deutet darauf hin, dass die Macht Chinas im Bereich der künstlichen Intelligenz überschätzt und die anderer geopolitischer Kräfte, einschliesslich Europas, unterschätzt wird. Was die Zahl der angemeldeten Patente im Zusammenhang mit KI betrifft, ist die Europäische Union mit China vergleichbar. Berücksichtigt man sowohl die Marktkapitalisierung als auch die Patente, so werden die Europäische Union und China vom "Rest der Welt" in den Schatten gestellt. Es ist anzumerken, dass die Schweiz zum Gewicht dieser theoretischen vierten Macht beiträgt, da Roche, das zu den grössten Unternehmen nach Marktkapitalisierung gehört, mindestens zwei KI-Patente besitzt.

Dieser Studie zufolge scheint nur ein Land alle anderen im KI-Wettlauf zu dominieren: die Vereinigten Staaten. "Wir sehen keinen Grund zu der Annahme, dass US-Unternehmen die Hilfe der Europäischen Union benötigen oder gar eine Regulierung durch die Europäische Union fürchten sollten", schlussfolgern Joanna J. Bryson und Helena Malikova.

Übrigens: Künstliche Intelligenz kann auch erotische Texte schreiben, wie Sie hier nachlesen können. Fifty Shades of AI quasi.

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