Digitalisierung der Banken

Diesen Beitrag leisten Kundendaten an den Markterfolg

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von Martin Widmer, Leiter PM Data Analytics & Compliance, Finnova

Welche Touchpoints wünschen sich Kundinnen und Kunden für die Interaktion mit Banken? Egal, ob die Kommunikation persönlich, per Brief oder über digitale Medien stattfindet – die Digitalisierung bei den Banken steht als Schlüssel zum Erfolg dahinter.

Martin Widmer, Leiter PM Data Analytics & Compliance, Finnova. (Source: zVg)
Martin Widmer, Leiter PM Data Analytics & Compliance, Finnova. (Source: zVg)

Banken und Unternehmen besitzen heute eine Vielzahl von Informationen, sowohl über ihre bestehende Kundschaft als auch über potenzielle Neukundinnen und Neukunden. Die grosse Herausforderung besteht darin, diese Informationen in Form von Daten gezielt und effizient einzusetzen, die nötigen Tools und Systeme effektiv sowie effizient einzusetzen und die Mitarbeitenden entsprechend auszubilden.

Der richtige Umgang mit Daten kann ein Differenziator gegenüber der Konkurrenz sein, was in der heutigen Zeit von standardisierten Backoffice-Prozessen enorm wichtig sein kann. Dabei gilt es aber auch, die regulatorischen Vorgaben stets einzuhalten. Dies bedeutet, dass innerhalb der Organisation neue, wichtige Kernrollen geschaffen werden. Auf der anderen Seite stehen die Kundinnen und Kunden, die über ihre bevorzugten Kanäle eine möglichst reibungslose Abwicklung ihrer Bankgeschäfte erwarten. Dabei bedeutet die Vielzahl der Kanäle, die je nach Zielgruppe und Generation unterschiedlich sein können, eine weitere Herausforderung für Systeme und Banken.

Der Mensch als zentrales Element von Unternehmen (human-centric enterprise)

Trotz aller Technologien und Entwicklungen sind und bleiben die Menschen das zentrale Element von Unternehmen, und zwar auf beiden Seiten: als Mitarbeitende, die einen bestimmenden Teil des Unternehmens darstellen, und als Kundinnen und Kunden, die letztlich den finanziellen Erfolg des Unternehmens gestalten.

Betrachtet man die Perspektive der Kundinnen und Kunden, so möchten diese mit dem perfekten Kundenerlebnis bedient werden. Aber wie sieht dieses aus? Jeder Mensch ist bekanntlich anders und verfügt über individuelle, unterschiedliche Erwartungen. Diese erfüllen zu wollen, erhöht die Komplexität für das Unternehmen.

Das Kundenerlebnis soll für die Kundinnen und Kunden dezent, effizient, zielgerecht und zur richtigen Zeit am richtigen Ort beziehungsweise über den richtigen Kanal erfolgen. Aus Sicht des Unternehmens bedeutet dies, die Kundinnen und Kunden ins Zentrum des Zusammenspiels von Menschen, Technologie und Prozessen zu stellen. Die erweiterten Möglichkeiten für die Kundinnen und Kunden, sich selbst zu informieren, und die neuen Technologien stellen dabei zusätzliche Anforderungen für die Banken dar.

In diesem Zusammenspiel bilden Daten die Grundlage.

Banken besitzen eine Fülle kundenspezifischer Daten aus einer Vielzahl von Quellen.

Was können Unternehmen mit all diesen Daten anfangen, respektive wie können sie sie nutzen? Richtig eingesetzt und von entsprechender Qualität können Daten im Zusammenspiel mit KI und Analytics in einem datenstrategisch ausgerichteten Unternehmen spezifische, wertorientierte Out­comes erzielen. Gartner hat dazu ein Konzept erarbeitet.

Diese Outcomes, welche die Kundinnen und Kunden ins Zentrum stellen, können sein:

  • Priorisierung von Pendenzen für die Kundenberaterinnen und Kundenberater

  • zeitnahe Identifikation von Risiken und Opportunitäten

  • Real-Time-Monitoring

  • Compliance: KYC und Fraud Detection

  • Bestimmung der "next best action"

  • frühzeitige Bestimmung von Kundenabwanderungsrisiken

  • Identifikation und Bestimmung von Cross- und Upselling-Möglichkeiten

  • Business Activity Monitoring

  • Digital-Fingerprint-Analysen

  • Sprachanalysen

  • Erstellung einer einheitlichen und konsistenten 360-Grad-Kundensicht

Natürlich gibt es damit verbunden auch Herausforderungen, die für die Banken im Umgang mit Daten zu meistern sind, zum Beispiel:

  • Datenqualität

  • Datenhaltung

  • Datenkonsistenz

  • Datenkassation

  • Management der Komplexität

Zudem hat eine Studie des IFZs ("Sind Daten das neue Öl?") bei Banken gezeigt, dass die Mehrheit der Banken (69 Prozent) noch immer das Kernbankensystem zur Verarbeitung von Kundenstammdaten verwendet, wobei immerhin schon 56 Prozent ein spezifisches CRM-System einsetzen. Viele arbeiten aber nach wie vor mit Excel-Spreadsheets, was für einen möglichen Einsatz und die Fähigkeit von KI hinderlich ist.

Chief Data Officer – die neue starke Rolle bei Banken? (New rising man in the bank?)

Die Vielzahl von Informationen in Form von Daten aus all den verschiedenen Quellen gezielt und effizient nutzbar zu machen, ist eine Herausforderung. Zudem müssen in den Unternehmen die nötigen Tools und Systeme verfügbar sein, und die Mitarbeitenden müssen die entsprechende Ausbildung erhalten. Die Sicherstellung und die Verantwortung dieser komplexen Mischung von Anforderungen erhalten in der Folge zwangsläufig mehr und mehr Aufmerksamkeit in den Unternehmen. Die Rolle von Chief Data Officers scheint unter diesen Aspekten künftig zunehmend an Bedeutung zu gewinnen. Der professionelle Umgang mit Daten kann ein Wettbewerbsvorteil im Markt darstellen. Insbesondere in der heutigen, margen-sensitiven Zeit, wo standardisierte Backoffice-Prozesse und die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben wichtig sind. Dies führt dazu, dass Daten-Teams in den Unternehmen eine steigende Bedeutung zu kommt.

Die Studie des IFZs hat auch gezeigt, dass rund 51 Prozent der befragten Banken das Management von Kundendaten noch immer nicht als strategisch wichtig betrachten. Dies beweist, dass Daten-Teams und entsprechende Führungs­rollen bei Unternehmen nach wie vor nicht oben auf der ­Prioritätenliste stehen. Es braucht Zeit, bis sich dieses Thema in den internen Unternehmenskulturen durchsetzen wird.

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