Interview mit Olaf Romer, Group-CIO von Baloise

"Rund 95 Prozent entscheiden sich für Apple-Hardware"

Uhr | Aktualisiert

Baloise hat gemeinsam mit Citrix ein Projekt für Flex Office und Use Your Own Device umgesetzt. Die Redaktion fragte CIO Olaf Romer in Las Vegas, welche Herausforderungen es dabei gab.

Olaf Romer, Head of Corporate IT und Group-CIO von Baloise (Quelle: Baloise)
Olaf Romer, Head of Corporate IT und Group-CIO von Baloise (Quelle: Baloise)

Baloise hat beim Citrix Innovation Award in Las Vegas den zweiten Platz erobert und den Sieg nur knapp verpasst. Sind Sie jetzt enttäuscht oder glücklich, Herr Romer?

Als wir hörten, dass es Baloise ins Finale geschafft hat, hofften wir natürlich schon, am Ende ganz oben zu stehen. Aber wir setzten uns gegen 65 Teilnehmer durch und sind bis in die Top-3 vorgedrungen. Das ist grossartig. Ich bin mit unserem Group-CTO und dem Leiter unseres Citrix Engineering-Teams hier in Las Vegas. Wir freuen uns sehr über den zweiten Platz. Das Team arbeitete hart daran, unser neuestes Citrix-Projekt sauber zu implementieren.

Was genau hat Baloise umgesetzt?

Baloise experimentiert seit Juni 2014 mit flexiblen Arbeitsplätzen. Es gibt bei uns nun eine freie Platzwahl, Ruhezonen und Shared Desks. Auch ich habe kein Büro und keinen persönlichen Schreibtisch mehr. Unsere Erfahrungen waren so gut, dass wir das Flex Office letztes Jahr auf zwei Grossraumbüros ausweiteten. Die flexiblen Arbeitsplätze sind aber nur dann sinnvoll, wenn man sie mit "Use Your Own Device" kombiniert. Dann sind die Mitarbeiter wirklich frei und können auch wählen, mit was für Geräten sie arbeiten wollen. Das haben wir nun gemeinsam mit Citrix umgesetzt.

Use Your Own Device heisst auch, dass Mitarbeiter auf ihren Smartphones und Tablets immer geschäftliche Daten mit sich rumtragen. Das kann auch zum Problem werden.

Natürlich birgt es gewisse Gefahren, wenn Mitarbeiter überall und zu jeder Zeit auf die Apps und Daten von Baloise zugreifen können. Durch unseren Lösungsansatz sind die Daten aber sicher. Sie liegen auf den Mobilgeräten in einer Sandbox und sind vom Rest des Systems abgeschottet. E-Mails können nicht heraus kopiert werden. Auch ein Ausdruck auf private Drucker ist nicht möglich Copy'n'Paste aus der Sandbox heraus ebenfalls nicht. Private und geschäftliche E-Mails sind getrennt. Das gleiche gilt für Kontakte und Kalendereinträge.

Welche Geräte setzen denn die Mitarbeiter von Baloise nun ein?

Unsere Mitarbeiter in der Schweiz können ein Standardgerät beziehen, einen Laptop von Lenovo. Wollen sie das nicht, können sie selber ein Gerät kaufen, das wir dann über das Unternehmen versichern. Rund 95 Prozent entscheiden sich für Apple-Hardware, der Rest setzt auf Android und Windows. Das Macbook Air ist sehr beliebt, ich selbst nutze einen iPad Pro.

Sind Flex Office und Use Your Own Device auch Argumente, um qualifizierte IT-Arbeitskräfte zu Baloise zu locken?

Ja, das war sogar einer der Beweggründe für das Projekt. Das neue Arbeitsplatzkonzept macht Baloise für junge Talente interessanter. Wir können so zeigen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind. Der Generation Y kann man heute nicht mehr vorschreiben, mit welchen Geräten sie zu arbeiten haben. Diese Zeiten sind vorbei.

Zurück zum Projekt: Wer lange dauerte die Umsetzung, und wie gross war das Projektteam?

Aus der IT waren 10 bis 12 Leute beteiligt. Unsere Engineers im "Server Based Computing Team" implementierten gemeinsam mit dem Client-Team die Citrix-Technologien. Mit an Bord waren auch die Verantwortlichen für IT-Sicherheit und Netzwerkinfrastruktur. Das Projekt dauerte von der Planung bis zum Go-Live rund 6 bis 9 Monate.

Was kostete das Projekt?

Ganz ehrlich, das weiss ich nicht mal. Das ist ein gutes Zeichen. Bei unseren grösseren und teureren IT-Projekten habe ich die Zahlen nämlich meistens im Kopf. Schwindelerregend waren die Kosten für die technische Umsetzung auf jeden Fall nicht.

Gab es bei der Umstellung auf Bring Your Own Device auch Probleme?

Wir nutzen noch einige Apps aus den 90er-Jahren, Eigenentwicklungen, die eine Single-User-Architektur haben. Sie laufen nicht auf der Citrix-Lösung. Einige dieser Applikationen konnten wir aber bereits durch neue austauschen. Zusätzlich gibt es ein paar weitere Apps, die wir ersetzen oder aktualisieren mussten. Der Aufwand war aber überschaubar und die Migration lief problemlos.

Was sind denn das für Apps aus den 90er-Jahren?

Eine davon ist ein Offertensystem, das unsere Aussendienst-Mitarbeiter einsetzen. Sie können darum noch nicht vollständig vom neuen Arbeitskonzept profitieren. Das bedeutet, dass es für sie in Gesprächen mit den Kunden noch einen Medienbruch geben kann. Weg vom iPad, hin zum Geschäfts-Laptop. In 2 bis 3 Jahren werden wir diese Offerten-App aber im Rahmen eines anderen Projekts auch ablösen.

Wie sieht es mit Telefonie und Videoconferencing aus?

Berufliche Videochats und Online-Meetings sind auf den Geräten unserer Mitarbeiter schon möglich, mit Cisco Webex. Bei der Telefonie-Integration stehen wir aber noch vor Herausforderungen, an denen wir gerade arbeiten. Lösungen dafür gibt es, wir setzen sie nur noch nicht ein.

Wie hat Baloise die Mitarbeiter über das neue Arbeitskonzept informiert?

Wir gaben eine Use-Your-Own-Device-Weisung raus. In dieser stand, wie das mit der Gerätewahl nun genau abläuft. Ansonsten waren keine Änderungen nötig. Auch Prozesse mussten wir für das neue Arbeitskonzept fast keine ändern.

Sind die Mitarbeiter mit dem neuen Arbeitsmodell glücklich?

Wir haben soeben eine Usability-Umfrage gemacht, die Resultate sind mir noch nicht bekannt. Viele Mitarbeiter haben mir aber bereits im persönlichen Gespräch versichert, dass sie vom neuen Arbeitskonzept begeistert sind.

Citrix hat die Arbeitsatmosphäre bei Baloise in einem Blogeintrag mit Google verglichen. Baloise sei das "Google of Switzerland". Passt diese Aussage?

Ja, das passt sehr gut. Es gab bei uns schon vor der Einführung des Flex Office nur wenige klassische Einzelbüros. Jetzt gingen wir aber noch einen Schritt weiter und gestalteten alle Stockwerke neu. Wir bieten unseren Mitarbeitern einen Relax-Bereich, Kaffee-Ecken und Ruhezonen. Es gibt zudem Rückzugsräume, die für alle Mitarbeiter jederzeit zugänglich sind. Auch die Farbgebung passten wir an. Wir liessen uns dabei von der ETH Zürich beraten.

Sie sind nun seit Juli 2011 CIO von Baloise. Wie haben sich in dieser Zeit die Anforderungen an die IT des Unternehmens geändert?

Die grösste Veränderung ist wohl, dass alles viel schneller geworden ist. Früher gab es zudem zwei fast komplett getrennte Blöcke, das Business und die IT. Heute ist das nicht mehr denkbar, wir arbeiten nun sehr eng zusammen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Consumerization der Business-IT. Die Mitarbeiter verstehen es heute nicht mehr, wenn ein Unternehmen ein halbes Jahr braucht, um eine App auszurollen. Auf ihren privaten Geräten öffnen sie einfach einen App Store und installieren, was sie wollen, jederzeit und sofort. Diese Kultur hat auch die Unternehmen verändert - zum Glück.

Wie hat Baloise auf diese Entwicklung reagiert?

Wir mussten flexibler und schneller werden. Schon seit 2009 setzen wir Scrum ein und arbeiten mit Sprint-Zyklen von 2 Wochen. Seit 2013 orientiert sich Baloise ausserdem an modernen DevOps-Ansätzen. Wir haben die Scrum-Philosophie also auch auf der Infrastruktur-Seite etabliert.

Wir reagierten die Engineers darauf?

Am Anfang waren sie skeptisch, jetzt nicht mehr. Ein Engineer will ja möglichst wenig am System ändern, und wenn doch, dann höchstens 2 Mal im Jahr, und das genau an bestimmten Daten. In der schnelllebigen Welt von heute geht das nicht mehr. Mit der zunehmenden Automatisierung ist es nun aber möglich, auch auf der Infrastruktur-Seite agiler zu arbeiten.

Eine Frage zum Schluss: Warum entschied sich Baloise eigentlich für Citrix?

Wir arbeiten seit über 13 Jahren mit Citrix zusammen. Erstmals 2003 für ein Projekt der Baloise Bank SoBa. Der Bank gelang es damals, mit Xenapp ihre Prozesse zu optimieren. Etwa beim Empfang von Kunden, oder im Backoffice. Später begannen wir, Applikationen zu virtualisieren. Für SAP brauchen wir nun keine Fat Clients mehr, und unsere HR-Lösung läuft ebenfalls als published App. Da war es naheliegend, auch für Bring Your Own Device auf Citrix zu setzen. Citrix bietet ausserdem eine durchgängige Sicherheit. Das ist für uns entscheidend. Andere Hersteller können das noch nicht garantieren.

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