Interview mit Beat Kienver von Glaux Soft

"Als Microsoft Windows Azure lancierte, wollten wir das unbedingt testen"

Uhr | Aktualisiert

Beat Kiener ist Chief Technology Officer beim Berner Systemhaus Glaux Soft und mitverantwortlich für die Portierung der Evidence-Plattform auf das Cloud-Angebot Windows Azure. Im Gespräch mit der Netzwoche erklärt er, wie es dazu kam, und warum der Einsatz von Cloud Computing für viele Unternehmen sinnvoll ist.

Beat Kiener, CTO vom Systemhaus Glaux Soft, setzt auf die Microsoft-Cloud Windows Azure. (Quelle: Glaux Soft)
Beat Kiener, CTO vom Systemhaus Glaux Soft, setzt auf die Microsoft-Cloud Windows Azure. (Quelle: Glaux Soft)

Herr Kiener, was bietet Glaux Soft an?

Wir sind ein Team von über 50 Leuten und entwickeln seit 1996 die individuelle Standardsoftware Evidence. Unsere Businesslösungen lassen sich nach dem Baukastenprinzip anpassen. Dazu bieten wir Beratung, Projektleitung, Integration und Support an.

Was genau kann Evidence?

Das Evidence-Framework basiert auf .Net und ist ein eigentliches XRM-System. XRM bedeutet Anything Relationship Management. Als Standardprodukte bieten wir Lösungen für CRM, Dossierverwaltung (Fallführung), Servicemanagement und Vertragsverwaltung an. Diese Produkte sind alle individuell an die Kundenbedürfnisse und -prozesse anpassbar.

Glaux Soft hat das Gold-Siegel als Independent Software Vendor (ISV) von Microsoft erlangt. Was brauchte es dafür?

Die Gold-Auszeichnung haben wir seit 2004 jedes Jahr erhalten. Seit 2012 hat Microsoft den ISV mit der Software- und Webentwicklung zur neuen Kompetenz Application Development zusammengefasst. Auch diesen Gold-Status haben wir erhalten. Dazu mussten wir mit Evidence einen Plattformtest bestehen und erfolgreiche Projekte mit zufriedenen Kunden nachweisen können.

Was bringt diese Auszeichnung?

Kunden schreiben Projekte meist öffentlich aus und verlangen oft zertifizierte Lösungen. Mit gutem Grund: Das Gold-Siegel garantiert eine hohe Softwarequalität, viel Know-how und die Orientierung an international gültigen Richtlinien.

Wie differenziert sich Glaux Soft gegenüber den Mitbewerbern?

Wir sind unter anderem da stark, wo Standardsoftware an Grenzen stösst und individualisiert werden muss. Zudem setzen wir nicht auf Microsoft Dynamics, sondern haben eine eigene Lösung. Gegenüber unseren Mitbewerbern kann das ein Vorteil sein.

Ist Microsoft also gleichzeitig Partner und Konkurrent?

Das ist tatsächlich so, aber weder für uns noch für Microsoft ein Problem. Wir arbeiten sehr eng mit Microsoft zusammen und sehen uns nicht als Konkurrenten, sondern als Partner. Glaux Soft setzt übrigens fast ausschliesslich auf Technologien von Microsoft – unter anderem auf .Net, SQL-Server, Windows Azure und Office 365.

Azure ist die Cloud-Plattform von Microsoft. Gibt es Evidence also auch in der Wolke?

Ja, in der Tat. Wir haben Evidence in die Microsoft-Cloud portiert – der erste Kunde wird nächsten Monat live gehen.

Wie kam es dazu?

Wir haben den Markt für Cloud Computing schon immer beobachtet und schnell wurde klar: Die Wolke ist für unser Geschäft enorm wichtig. Als Microsoft Windows Azure lancierte, wollten wir das unbedingt testen. Wir begannen also, interne Dienste auf Azure zu portieren und machten dabei sehr gute Erfahrungen.

Was bedeutet die Cloud für Glaux Soft?

Die Cloud schafft Dynamik – wir haben uns vom klassischen Softwareentwickler zu einem Systemhaus und Dienstleister gewandelt. Heute beherrschen wir auch Themen wie Disaster Recovery, Back-up-Strategien oder das Monitoring von Servern.

Für welche Firmen ist die Cloud geeignet?

Die Frage ist wohl eher, für welche Unternehmen sich die Cloud nicht eignet. Rechtliche Vorgaben können den Einsatz der Wolke verbieten – zum Beispiel im Bankwesen – und das oft mit gutem Grund. Für die meisten Unternehmen dürfte es sich aber lohnen, die Cloud in ihre IT-Umgebung zu integrieren. Ich denke da etwa an die Verwaltung von Daten und Geschäftsabläufen, die mit Cloud Computing heute hervorragend funktioniert.

Nennen Sie Gründe, warum Unternehmen sich mit der Cloud beschäftigen sollten.

Oh, da gibt es viele. Unternehmen rate ich, den Betrieb ihrer Server mit Cloud-Lösungen zu vergleichen – sie sind meist deutlich preiswerter. Das ist aber nicht der einzige Grund, der für die Cloud spricht: Ihre Verfügbarkeit ist meist höher, die IT-Sicherheit oft besser und der Umgang mit Engpässen und Lastspitzen effizienter als bei lokalen Lösungen. Bei Microsoft kommt dazu, dass das Unternehmen jahrelange Erfahrung im Umgang mit komplexen Rechenzentren hat. Auch der Beschaffungsprozess ist für Unternehmen dank der Cloud einfacher geworden und um Themen wie Stromversorgung oder Platzmangel brauchen sie sich gar nicht mehr zu kümmern.

Raten Sie also allen Schweizer CIOs, ihre IT in die Cloud zu verfrachten?

Nein, so weit würde ich nicht gehen. Es gibt ja durchaus Fälle, in denen die Cloud tatsächlich nur wenig Sinn hat. Was ich aber allen Schweizer CIOs rate, ist, sich zumindest eingehend mit der Thematik Cloud zu beschäftigen. Und, ganz wichtig: Entscheidet sich ein Unternehmen, Cloud Computing einzusetzen, muss dafür unbedingt ein ausgereiftes Konzept vorhanden sein. Wer blind in die Cloud geht, kann nämlich auch auf die Nase fallen – und das wünsche ich niemandem.