Agur12

Aufruhr in Bundesbern

Uhr | Aktualisiert
von Fabian Pöschl

Verbote und Repressionen: Die Urheberrechts-Kommission Agur12 hat in ihrem Gesamtbericht zahlreiche Verschärfungen im Urheberrecht vorgeschlagen.

Illegale Musik- und Filmdownloads machen der Unterhaltungsindustrie zu schaffen. Dem will Bundesrätin Simonetta Sommarugas Urheberrechts-Kommission Agur12 entgegensteuern. Doch mit ihrem letzte Woche veröffentlichten Gesamtbericht hat die Kommission gehörigen Wirbel verursacht. Die 18-köpfige Arbeitsgruppe schlug zahlreiche Verschärfungen im Urheberrecht und dessen Durchsetzung vor.

Die Kommission besteht aus Vertretern von Konsumentenschutz, Verwaltung, Kulturschaffenden sowie Produzenten der Musik- und Filmbranche. Sie will die Piraterie stärker bekämpfen. Dazu sollen die Provider verpflichtet werden, Tauschbörsen-Webseiten auf Betreiben der Rechteinhaber oder einer Behörde zu sperren. Zudem sollen die Provider ihre Kunden verwarnen, die entsprechende Seiten oder Software nutzen. Auch die Identität der Nutzer müsste der Provider bekannt geben.

Das ist schon heute möglich, dafür ist aber eine Strafanzeige zwingend. Neu würde schon ein Verdacht ausreichen, die Unschuldsvermutung gilt dann nicht mehr. Provider und Konsumentenschützer kritisierten den Bericht der Kommission dementsprechend bereits im Vorfeld, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Rechtsanwalt Martin Steiger etwa findet die Forderungen, die Internetprovider in die Überwachung einzubinden, wenig praktikabel und unverhältnismässig. Steiger vergleicht im Tages-Anzeiger: "Es ist möglich, per Post Drogen zu verschicken, trotzdem ist die Post nicht in der Verantwortung, so etwas präventiv zu unterbinden."

Urheberrecht auf Facebook

In ihrem Bericht ordnet die Kommission zudem das Posten fremder Fotos auf der eigenen Facebook-Seite als Urheberrechtsverstoss ein. Deshalb schlägt sie vor, soziale Medien wie Facebook der "kollektiven Verwertung" zu unterstellen, wie dies bereits bei Datenträgern der Fall ist. Dann würde wie für den MP3-Player auch für Facebook eine Gebühr fällig.

SRG fürchtet um Einnahmen

Auch das Fernsehen bleibt nicht verschont. Wie die "Schweiz am Sonntag" schreibt, hat die SRG im Rahmen der Arbeitsgruppe Agur12 einen Antrag eingereicht, wonach das Speichern von Programminhalten auf "virtuellen Videorekordern" verboten werden soll. Betroffen wäre etwa das zeitversetzte Fernsehen. SRG-Sprecher Iso Rechsteiner begründet: "Die SRG finanziert sich zu einem Viertel über Werbeeinnahmen." Die Nutzer des zeitversetzten Fernsehens würden die Werbung aber oftmals überspringen.

Ralf Beyeler vom Vergleichsportal Comparis zeigt sich gegenüber 20 Minuten bestürzt. Er sagt: "Das wäre ein extremer Rückschritt." Schon die Regelung, dass nur noch Sendungen der letzten sieben Tage angeschaut werden können, sei ein unangenehmer Kompromiss für den Nutzer. Beyeler folgert: "Eine geringere Zeitspanne oder gar ein Verbot wäre eine unzumutbare Bevormundung der Zuschauer." Wenn die SRG nicht bereit sei, Inhalte zeitgemäss anzubieten, müsse man überlegen, die Billag-Gebühren komplett abzuschaffen. Beyelers Fazit: "Die Kutschenbauer hätten sich auch gewünscht, dass man die Eisenbahn verbietet. Aber der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten."

Auch die Anbieter kündigen bereits Widerstand an. Swisscom-Sprecher Sepp Huber sagt gegenüber 20 Minuten: "Wir würden uns dagegen wehren." Replay-TV sei ein enormes Kundenbedürfnis. Karim Zekri, CEO vom Internet-TV-Anbieter Teleboy, sagt im Artikel: "Die SRG hat den Auftrag, ihre Inhalte möglichst vielen Personen zugänglich zu machen. Da ist es unverständlich, wenn sie sich gegen zeitgemässe Kanäle wehrt."

Der SRG-Antrag ist gemäss "Schweiz am Sonntag" in der Arbeitsgruppe abgeblitzt. Die SRG wolle nun ihre Optionen prüfen. Welche der Kommissionsvorschläge schliesslich umgesetzt werden sollen, werden der Bundesrat und das Parlament entscheiden müssen.

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