Digitalisierung der Bankenbranche

Schweizer Retailbanken holen gegenüber Digitalbanken auf

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von Joël Orizet und cka

In einer aktuellen Rangliste der digitalsten Banken in der Schweiz verteidigen die grossen Finanzinstitute ihre Spitzenpositionen. Doch die Retailbanken holen auf. In puncto Mobile Banking bleibt Revolut allerdings unschlagbar.

(Source: Tatsianama / iStock.com)
(Source: Tatsianama / iStock.com)

Banken setzen mehr und mehr auf digitale Kundenbeziehungen - allen voran die Neobanken. Schweizer Retailbanken holen ihren Rückstand jedoch auf, wie eine Studie von Colombus Consulting zeigt. Die Beratungsfirma erstellte zum fünften Mal ein Ranking der digitalsten Schweizer Banken. Die Rangliste basiert auf einem Index, der die digitale Präsenz von 30 Finanzinstituten anhand verschiedener Kriterien bewerten soll, darunter das Kundenerlebnis auf Websites, Bewertungen von Mobile Apps und die Präsenz in den sozialen Medien.

An der Spitze des Rankings stehen - wie bereits im Vorjahr - die UBS, Postfinance und Raiffeisen. Ebenfalls wie im Vorjahr schafft es die Credit Suisse auf Platz vier und die britische Neobank Revolut auf Platz fünf.

Im Ranking der digitalsten Banken verteidigen die grossen Institute ihre Spitzenpositionen. (Source: Colombus Consulting)

Swissquote verbessert sich um einen Rang und landet auf Platz sechs. Die Zürcher Kantonalbank fällt indes von der sechsten auf die siebte Position zurück. Die Banking-App Yuh von Postfinance und Swissquote schafft es als Neuling auf Platz acht - gefolgt von der Migros Bank, die im Vergleich zum Vorjahr fünf Plätze gutmacht. Die Waadtländer Kantonalbank verliert derweil zwei Plätze und bildet nun das Schlusslicht der Top 10.

Retailbanken bauen digitale Präsenz aus

Die untersuchten Banken bauten ihre digitale Präsenz den Ergebnissen zufolge deutlich aus. So sei die digitale Reichweite der Retailbanken in der Schweiz um 12 Prozent auf 26 Millionen monatliche Besuche gestiegen. Die Reichweite in sozialen Netzwerken wachse ebenfalls und die Anzahl der Abonnenten erreiche nun 2,3 Millionen in der Schweiz (+7 Prozent).

Die Retailbanken holen mit hybriden Dienstleistungen gegenüber den digitalen Banken auf, wie es im Ergebnisbericht heisst. Traditionelle Banken hätten in diesem Jahr mehr digitale Dienstleistungen lanciert oder sogar eigene Marken eingeführt. Als Beispiel nennen die Studienautoren die Credit Suisse mit ihrer Marke CSX.

Twint dominiert in der Schweiz

Mobile Apps haben sich von einem einfachen Schaufenster für Kundendienstleistungen rund um das E-Banking zu einem Raum entwickelt, in dem sich die gesamte Innovation des Bankensektors konzentriert. Revolut bleibt in diesem Bereich unschlagbar, wie die Studienautoren schreiben. Die Neobank punkte vor allem mit speziellen Funktionen wie zeitlich begrenzte Bankkarten und Sofortzahlungen, die mit Twint frontal konkurrieren.

Dennoch bevorzugen die grossen Schweizer Banken nach wie vor die nationale Bezahl-App. 80 Prozent der untersuchten Finanzinstitute setzen weiterhin auf Twint.

Soziale Netzwerke: Hauptsache seriös

Tiktok sei für die Schweizer Bankenbranche wenig relevant. Dennoch betreiben immerhin 20 Prozent der untersuchten Banken einen aktiven Account auf dem sozialen Netzwerk. Der wichtigste Social-Media-Kanal für die hiesige Bankenbranche ist allerdings Linkedin. Unter den untersuchten Finanzinstituten findet 58 Prozent des gesamten Engagements in den sozialen Medien auf Microsofts Karrierenetzwerk statt. Die Banken wollen also eher Berufstätige in einem seriösen Rahmen statt eine jüngere Zielgruppe in einem unkonventionellen Kontext wie Tiktok ansprechen, wie die Studienautoren schreiben.

Was die auf den sozialen Medien verbreiteten Inhalte angeht: Traditionelle Banken betonen insbesondere ihre ESG-Produkte und ihr CSR-Engagement, während Neobanken eher über neue Technologien und Kryptowährungen sprechen.

Konservative Banken setzen auf hybride Modelle

Zwei Drittel der untersuchten Banken bieten inzwischen digitalisierte Prozesse für die Kontoeröffnung an. Die konservativeren Institute setzen allerdings auf Nähe und eine hybride Kundenbeziehung, bei der digitale Kanäle für einfache Vorgänge und Berater für komplexe Aufgaben zum Einsatz kommen. Vor allem wichtige Investitionen wie ein Immobilienkauf oder die Vorsorge würden die Kundinnen und Kunden oftmals nicht über digitale Kanäle abwickeln wollen.

Bezüglich Nachhaltigkeit und ESG-Investments seien die digitalsten Banken im Rückstand, heisst es weiter. Die Digitalbanken würden vor allem neue Produkte mit einer technologischen Dimension in den Vordergrund stellen, insbesondere Kryptowährungen.

Übrigens: Die HSLU und e.foresight untersuchten 2021 ebenfalls den Digitalisierungsgrad von Schweizer Retailbanken. Analysiert wurden digitale Funktionalitäten, Dienstleistungen und Produkte von 35 Finanzinstituten. Das Ergebnis: eine Rangliste der digitalsten Schweizer Retailbanken. Lesen Sie hier mehr dazu.

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