Partner-Post Fachbeitrag von T-Systems

Digitale Selbstbestimmung – was ­IT-Souveränität wirklich bedeutet

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von Roland Stettler, Deutsche Telekom Global Business & Security Schweiz

IT-Souveränität ist ein viel diskutierter, aber oft missverstandener Begriff. Es geht längst nicht mehr nur um Datenschutz, sondern um die Frage, ob Unternehmen im Ernstfall die Kontrolle über ihre digitalen Ressourcen behalten – und damit ihre Handlungsfähigkeit sowie den Schutz ihres Geschäfts.

Roland Stettler, Managing Director, Deutsche Telekom Global Business & Security Schweiz. (Source: zVg)
Roland Stettler, Managing Director, Deutsche Telekom Global Business & Security Schweiz. (Source: zVg)

Was früher vor allem Compliance-getrieben war, ist heute eine strategische Grundsatzfrage. In einer Welt vernetzter Systeme, globaler Cloud- und KI-Plattformen, multinationaler Anbieter sowie geopolitischer Veränderungen stellt sich zunehmend die Frage: Was passiert, wenn zentrale Teile der eigenen digitalen Infrastruktur unter fremde Kontrolle geraten? Daher beschreibt IT-Souveränität im Kern die Fähigkeit eines Unternehmens, Kontrolle über Daten, Infrastrukturen, Systeme, Dienstleister und Prozesse auszuüben – basierend auf selbstgewählten recht­lichen, technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Es geht nicht nur um Datenschutz, sondern um Überlegungen wie etwa, wo Daten gespeichert sind, wer die Unternehmensinfrastruktur betreibt, welcher Jurisdiktion Anbieter und Dienstleister unterliegen und ob der Betrieb bei politischen Veränderungen gesichert bleibt.

Unternehmen stehen somit zunehmend unter Druck, ihre digitalen Schlüsselressourcen und damit verbundene Abhängigkeiten kritisch zu hinterfragen.

Souveränität hat viele Ebenen

IT-Souveränität zeigt sich auf verschiedenen Ebenen – und erfordert differenzierte Antworten:

  1. Infrastruktur-Souveränität: Wer Rechenzentren und Serverstandorte kontrolliert, bestimmt im Ernstfall über den Zugriff. Ohne lokale Betriebsmodelle, eigene Schlüssel oder Verschlüsselung entsteht rechtliche Unsicherheit.
  2. Cloud-Souveränität: Souveräne Clouds setzen auf Verschlüsselung, regionale Datenhaltung und hybride Modelle. Wichtig: Auch Server in der Schweiz unterliegen der Jurisdiktion des Anbieterlandes, etwa bei US-Hyperscalern.
  3. KI-Souveränität: Wer fremde KI-Modelle nutzt, verliert die Kontrolle über Daten und Entscheidungen. Alternativen: föderiertes Lernen, lokale KI-Cluster oder Open Source – wie bei den «Swiss AI Weeks».
  4. Cybersecurity-Souveränität: Cloudbasierte Sicherheit birgt Risiken, wenn Schlüssel und Logs extern liegen. Notwendig sind «Sovereignty by Design», inländische Schlüsselhoheit und vertrauenswürdige Lieferketten.
  5. Netzwerk-Souveränität: Abhängigkeiten von ausländischen Netzen (WAN, DNS, Peering) gefährden im Ernstfall die Kontrolle. Lokales Routing und redundante Architekturen stärken die Resilienz und Souveränität.

Souveränität bedeutet Abwägung – nicht Isolation

IT-Souveränität heisst nicht, alle ausländischen Technologieanbieter auszuschliessen. Vielmehr geht es um strategische Entscheidungen: Wo sind Abhängigkeiten weniger risikobehaftet und daher akzeptabel? Welche Systeme müssen unter eigener Kontrolle stehen? Und wie lassen sich hybride Modelle gestalten, die Innovationen ermöglichen und zugleich Resilienz fördern? Eine vollständige Unabhängigkeit ist oft schwer umsetzbar, doch der Wille am Markt wächst, Alternativen zu prüfen, Open Source zu fördern und dadurch die Souveränität mittelfristig zu stärken.

Somit ist IT-Souveränität kein Zielzustand, sondern ein kontinuierlicher Balanceakt zwischen Kontrolle, Effizienz und Innovation. Unternehmen sind gut beraten, dieses Thema nicht als IT-Nische, sondern als zentrale strategische Frage zu begreifen. Nur wer bewusst entscheidet, wo er unabhängig sein will und wo nicht, bleibt langfristig handlungsfähig in einer fragmentierten digitalen Welt.

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