Das sagen Befürworter und Gegner zur E-ID
Am 28. September stimmt die Schweiz über die Einführung eines digitalen Identitätsnachweises ab. Darum geht es und das sind die wichtigsten Argumente der Befürworter und Gegner.

Bekommt die Schweiz einen elektronischen Identitätsausweis? Über diese Frage entscheidet die Stimmbevölkerung am 28. September 2025. Kommt die Vorlage durch, soll die E-ID ab 2026 als zusätzliches, kostenloses Angebot zur physischen Identitätskarte zur Verfügung stehen - ein offizieller Nachweis, herausgegeben vom Staat. Sie sei darauf ausgelegt, höchste Anforderungen an Sicherheit, Datenschutz und Vertrauenswürdigkeit zu erfüllen, verspricht der Bund.
Die Idee dahinter: Wer online etwas beantragt oder sich bei einer Alterskontrolle ausweisen muss, kann das künftig digital erledigen. Dem Prinzip nach dürfen Behörden und Unternehmen nur diejenigen Daten abfragen, die für den spezifischen Zweck erforderlich sind. Und: Beim Vorzeigen soll jede Person selbst entscheiden können, welche Informationen sie weitergibt. Funktionieren soll das alles über eine entsprechende Wallet-App namens Swiyu. Sie dient denn auch dazu, die E-ID zu beantragen und vorzuweisen.
Einstige Kritiker sehen nun Vorteile
Die erste E-ID-Vorlage, die vor vier Jahren vor dem Stimmvolk scheiterte, war vor der Abstimmung auf heftigen Widerstand gestossen. Einige der damaligen Kritiker zählen inzwischen jedoch zu den Unterstützern, darunter auch der Verein "Digitale Gesellschaft", der sich für Bürger- und Konsumentenschutz im digitalen Zeitalter einsetzt. Nach dem damaligen Referendum habe die NGO die "digitalpolitische Kehrtwende für das E-ID-Gesetz 2.0" mitgeprägt, schreibt Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft in einem Artikel auf der Website des Vereins.
Die Kritik an der ersten Vorlage drehte sich insbesondere darum, dass das Parlament "Ausweise privatisieren und dafür riesige Datenbanken schaffen" wollte, wie Schönenberger ausführt. Das neue E-ID-Gesetz verbinde hingegen eine kluge technische Bauweise mit Werten der Selbstbestimmung, Privatsphäre, Datensparsamkeit und Sicherheit. Die User entscheiden, wo sie ihre digitale Identität nutzen wollen und welche Daten sie jeweils freigeben. In das Smartphone-Wallet, wo die E-ID als Datenpaket abgelegt ist, sei dies transparent, nachvollziehbar und kontrollierbar, argumentiert der Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft.
Die Sache mit den zu vielen Daten
Er führt allerdings noch ein weiteres Argument ins Feld: Ohne E-ID-Gesetz würden sich das Behörden-Login AGOV, die SwissID respektive das Login der Post und jene von Google, Apple und Konsorten "das Vakuum zunutze machen, da wir uns auch in Zukunft online ausweisen werden (müssen)". All diese genannten Logins würden Daten zentral speichern - beim Staat, bei halbstaatlichen Unternehmen oder US-amerikanischen Tech-Konzernen. Sie alle würden weniger Datenschutz, Sicherheit und Transparenz bringen als die E-ID 2.0.
Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft. (Source: zVg)
Der von den Gegnern häufig vorgebrachte Verdacht, die E-ID führe zu einer Überidentifikation, greife seiner Ansicht nach zu kurz, schreibt Schönenberger auf Anfrage. Ebenso weist er die Befürchtung zurück, private Anbieter könnten mithilfe der E‑ID Zugang zu staatlich verifizierten Identitätsdaten mit potenziell hohem kommerziellem Wert erhalten. "Das Gesetz sieht klare Grenzen vor: Eine E-ID darf nur verlangt werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist, insbesondere um Missbrauch oder Identitätsdiebstahl zu verhindern." Somit sei ausgeschlossen, dass beispielsweise Händler sie für gewöhnliche Onlinebestellungen einfordern dürften. Ausserdem könne man etwaige Verstösse melden und unzulässige Anbieter würden im Vertrauensregister markiert, sodass die App automatisch warnt.
Kein Wort von "freiwillig"
Die Bedenken, wonach bei einem Nein zum E-ID-Gesetz grosse Tech-Konzerne mit alternativen Identifikationsverfahren erst recht Daten sammeln könnten, hält Monica Amgwerd für "ein Ablenkungsmanöver der E-ID-Befürworter - davon, dass das E-ID-Gesetz zu einem Datenschutz-Dammbruch im grossen Stil führt". Man versuche mit diesem Gesetz zu normalisieren, dass die Bevölkerung ohne Grund ständig Passdaten an Firmen abgeben solle, erklärt die Generalsekretärin der jungen Partei Digitale Integrität Schweiz, die auch die E-ID-Nein-Kampagne leitet. "Das ist der tatsächliche Steilpass an Big Tech, weil, vereinfacht gesagt, die meisten Daten via die problematische Zustimmung über AGBs und Cookie-Banner an den Datenhandel fliessen und letztlich bei grossen Tech-Konzernen landen. Die Daten bringen diesen Monopolen am meisten Wert und indirekt auch Macht."
Monica Amgwerd, Generalsekretärin der Partei Digitale Integrität Schweiz. (Source: zVg)
De facto führe die E-ID zu mehr Überwachung durch Big-Tech-Konzerne, schreibt Amgwerd weiter. Durch diese "können Überwachungsdaten auch zu Staaten gelangen". Dazu kommt eine Reihe weiterer Mängel, die die Gegner am E-ID-Gesetz kritisieren. So lässt Amgwerd das vom Ja-Lager vorgebrachte Argument nicht gelten, die E-ID sei freiwillig. Denn: "das Wort freiwillig kommt an keiner Stelle im ganzen E-ID-Gesetz vor, und es gibt auch sonst keine explizite Garantie zur diskriminierungsfreien Nutzung analoger Alternativen."
Wenn schon, bräuchte es klare Grenzen
Auch halten die Gegner fest, dass es der E-ID an Transparenz fehle: "Im Gesetz finden sich zwar Formulierungen über eine Offenlegung des Quellcodes der Software zur E-ID-Infrastruktur. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen echten Open-Source-Standard, sondern um eine reine PR-Formulierung ohne Garantie", heisst es auf der Website der Kampagne.
Dass der Bund auf seiner Website jetzt schon Quellcodes der E-ID-Komponenten veröffentlicht und dies laut eigener Angaben auch weiter tun will, entkräftet laut Amgwerd diesen Einwand nicht. Sie erläutert: "Konkret ist mindestens der Quellcode des Online-Ausstellungsprozesses, welcher von Elca entwickelt wurde, nicht Open Source." Und tatsächlich gibt es im E-ID-Gesetz einen Artikel, "der eine Geheimhaltung erlaubt, etwa aus 'Sicherheitsgründen'". Dieser Artikel müsste "zum Zwecke der Transparenz und unabhängigen Sicherheitsprüfungen eine komplette Offenlegung des Quellcodes und damit einen kompletten Open Source Standard garantieren", findet die Kampagnenleiterin.
Überhaupt brauche die Schweiz grundsätzlich keine neuen Identifikationslösungen, hält Amgwerd fest. Digitale Behördengänge funktionierten jetzt schon über Plattformen wie "Agov"; und "private Firmen gehen unsere Identitätsdaten gar nichts an". Wenn schon, sollte das Gesetz eine Datenabgabe nur in wenigen, gesetzlich klar definierten Situationen erlauben. Dazu müsste es aber "an entscheidenden Stellen anders verfasst sein".
Das erste E-ID-Gesetz lehnte das Sttimmvolk im Frühling 2021 mit einem Nein-Anteil von über 64 Prozent ab. Welches Lager den Abstimmungskampf um die neue Vorlage für sich entscheidet, wird sich am 28. September 2025 zeigen.
Mehr über die Funktionsweise der E-ID und über die Argumente der Befürworter sowie der Gegner erfahren Sie hier.

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