3. WeAreDevelopers Live Week

Nutzer in den Mittelpunkt und weg mit dem Code

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von René Jaun und fki

Nach der dritten WeAreDevelopers Live Week ziehen die Organisatoren ein positives Fazit. Am Thementag zu UX und No-Code zeigte sich, warum klassische Softwareentwickler ihre künftige Rolle überdenken sollten.

Der Panel der No-Code-Diskussion: Michael Ioanita, Connor Tagg, Christian Peverelli, Samantha Lloyd und Mark Piller. (Source WeAreDevelopers)
Der Panel der No-Code-Diskussion: Michael Ioanita, Connor Tagg, Christian Peverelli, Samantha Lloyd und Mark Piller. (Source WeAreDevelopers)

Die 3. WeAreDevelopers Live Week ist zu Ende. Zwischen dem 30. November und dem 4. Dezember nahmen gemäss den Organisatoren mehr als 5500 Personen aus 91 Ländern an der Onlineveranstaltung teil. Die Talks, Workshops und Panels bestritten 46 Fachpersonen. 30 Prozent der Referierenden waren Frauen. "Im Vergleich mit anderen Developer-Konferenzen sind wir durchaus im Spitzenfeld und konnten unsere eigene Quote bei der dritten Live Week erneut steigern", schreiben die Organisatoren auf Anfrage.

Die WeAreDevelopers-Konferenzen richten sich an Softwareentwickler und IT-Fachkräfte. Jeder Tag der neuesten Ausgabe war einem Themenbereich gewidmet, wie Mitveranstalter Rudi Bauer im Interview erklärte. Behandelt wurden die Schwerpunkte Scale Data & Big Data, JavaScript & Typescript, Quality Assurance & Security, Software Architecture & API Design und UX & No Code.

Der Nutzer im Zentrum der Digitalisierung

Ihr Highlight sei der Thementag zu UX und No Code gewesen, schreiben die Veranstalter. Unter den Referenten fand sich etwa Martin Nader, Program Manager / Solution Architect & ReleaseTrain Engineer von Rail Cargo Austria. Er gab Einblicke in das Digitalisierungsprojekt "Cargo 1492", bei dem der Nutzer im Mittelpunkt stehen sollte. Man habe darauf geachtet, stets Feedback von Endanwendern einzuholen. Dazu habe sein Team einige Anwender zu Product Ownern gemacht und sie eingeladen, sich an der Entwicklung zu beteiligen.

Martin Nader gab einen Einblick in das ÖBB-Projekt "Cargo 1492". (Source WeAreDevelopers)

Zum Schluss seines Referats teilte Nader sechs Faktoren, die zum Erfolg des Transformationsprojektes beitragen:

  1. Der wichtigste Faktor ist die User Experience. Niemand will eine Nutzerschnittstelle verwenden, die nicht aufgeht.

  2. Arbeiten nach der Lean-Start-up-Methode: Schon während der Produktentwicklung laufend Feedback einholen und das Projekt entsprechend anpassen.

  3. Auf Full-Stack-Entwickler setzen: Wenn Entwickler gleichzeitig sowohl am Frontend als auch am Backend arbeiten, steigert dies die Performance deutlich.

  4. Agile Arbeitsmethoden: Statt einem vorgefertigten Plan zu folgen, muss es möglich sein, laufend Anpassungen vorzunehmen.

  5. Colocation: Telearbeit funktioniert zwar gut, aber agile Arbeitsmethoden benötigen einfach ein gewisses Mass an persönlichem Kontakt.

  6. Flexible Infrastruktur: Es darf nicht Wochen oder gar Monate dauern, um einen neuen Server bereitzustellen. Idealerweise steht das benötigte System binnen einiger Minuten – etwa als virtuelle Maschine – bereit.

No Code kann immer mehr

Die Themen No Code und Low Code sind klare Trends in der Applikationsentwicklung. Unlängst hat etwa Google seine "Business Application Platform" vorgestellt, mit der sich auch ohne Programmierkenntnisse eigene APIs erstellen lassen. Und AWS hat ein Low-Code-Tool namens Honeycode lanciert. "Das Thema No Code ist grundsätzlich ein sehr spannendes und viel diskutiertes Feld, da es womöglich den Software-Entwicklungs-Markt nachhaltig verändern wird.", schreiben auch die Veranstalter.

Die neuesten No-Code-Tools können inzwischen weit mehr als simple Websites zusammenstellen, wie sich während einer Paneldiskussion zeigte. Heute könne man damit auch Messaging-Apps oder AR-Anwendungen entwickeln, sagte etwa Christian Peverelli, Gründer des US-Amerikanischen Unternehmens WeAreNoCode. Und Samantha Lloyd, CEO von Metaranx, merkte an, dass sich auch KI-Technologien in No-Code-Applikationen einbauen liessen: "Sie brauchen ein klares Endziel, einen Datensatz, und schon sind Sie startklar."

Zeit fürs Entwickler-Rebranding

Bei der Frage, wo No Code an seine Grenzen stosse, waren sich die Diskussionsteilnehmer nicht einig. Während Samantha Lloyd sich nicht vorstellen kann, etwa ein ganzes Backend ohne händisches coden zu erstellen, erklärte Mark Piller, der mit Backendless selber ein No-Code-Unternehmen führt, dass sein Produkt eben dies ermögliche.

Etwas genervt reagierte Christian Peverelli auf die Frage nach den No-Code-Grenzen: "Es gibt viele Dinge, die Sie mit No Code nicht machen können", sagte er, "aber die Frage ist auch: Was ist denn die Alternative?" Oft fehlten etwa einem Start-up schlicht die Ressourcen, sich einen Entwickler für viele Tausend Dollar zu leisten. Er wolle die Schwachstellen von No Code nicht ausklammern, aber No Code sei heutzutage einfach oft die beste Option: es sei schneller zu erlernen, schneller zu entwickeln und koste im Endeffekt weniger.

Aus diesen Gründen sollten sich auch gestandene Programmierer mit No-Code-Tools auskennen, findet Peverelli. Beim Entwickeln können sie Zeit sparen und sich dann verstärkt auf die Aspekte konzentrieren, die noch echtes Programmieren erforderten. Gar für ein Rebranding der klassischen Entwickler plädiert Mark Piller. "Ihre Tage sind gezählt, wenn sie einfach nur Websites erstellen". Vielmehr sollten sie sich künftig als Solution Engineers für komplexe Probleme positionieren.

An der vorletzten WeAreDevelopers Live Week sprach unter anderem Tanmay Bakshi – 16 Jahre alt, aber schon dreifacher Buchautor, Keynote-Speaker und Experte auf dem Gebiet des maschinellen Lernens. Er zeigte, wie aktuelle Modelle zur Verarbeitung natürlicher Sprache funktionieren - und warum sogenannte Schreib-KIs nicht wirklich schreiben können.

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