Vertrauen und Digitalisierung

Pandemie untergräbt weltweites Vertrauen in die Technologiebranche

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von Rodolphe Koller und Übersetzung: Silja Anders

Das Vertrauen in die Technologiebranche ist mit der Pandemie zurückgegangen. Mit der beschleunigten Digitalisierung sind viele Bedrohungen greifbar geworden, angefangen bei der Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren.

(Source: kite_rin / Fotolia.com)
(Source: kite_rin / Fotolia.com)

In vielerlei Hinsicht scheint der Technologiesektor der grosse Gewinner der Pandemiekrise zu sein. Von Videokonferenzen bis hin zu Tracking-Apps: Nie zuvor wurden digitale Tools in unserem Alltag und bei der Arbeit so häufig eingesetzt und genutzt. Gleichzeitig wachsen mit der explosionsartigen Zunahme der Nutzung auch die Ängste, die mit diesen Technologien einhergehen. Infolgedessen verlieren Technologieunternehmen an Glaubwürdigkeit, wie die diesjährige Ausgabe des Edelman-Vertrauensbarometers zeigt, die auf einer gross angelegten Umfrage unter 33 000 Personen in rund 30 Ländern beruht.

Es stimmt, dass die befragte Bevölkerung den Technologieunternehmen nach wie vor mehr Vertrauen entgegenbringt als anderen Sektoren, vom Gesundheitswesen über die Industrie bis hin zum Bankwesen. Aber es sind die Technologieunternehmen, die zwischen 2020 und 2021 am meisten Ansehen verloren haben. Dem Edelman-Index zufolge ist das Vertrauen in diese Unternehmen in 17 der untersuchten Länder auf einem historischen Tiefstand. In den USA ist die Technologiebranche vom ersten auf den neunten Platz der Branchen zurückgefallen, denen die Menschen "vertrauen, dass sie das Richtige tun".

Dieser Vertrauensschwund betrifft auch die in der Edelman-Umfrage erfassten Technologie-Subsektoren. Zwischen 2020 und 2021 hat das Vertrauen in Unternehmen, die in den Bereichen künstliche Intelligenz, Internet of Things (IoT), 5G und virtuelle Realität (VR) tätig sind, etwas Federn gelassen, während es von 2018 bis 2020 gestiegen war. Das Misstrauen gegenüber diesen Unternehmen ist in Europa und Nordamerika besonders gross, während es im asiatisch-pazifischen Raum und in Lateinamerika geringer ist.

Beschleunigung der Digitalisierung, Beschleunigung der Ängste

Die Digitalisierungswelle der letzten 18 Monate hat keine neuen Gefahren geschaffen, sondern vielmehr die Risiken greifbarer gemacht. Mit der Verkürzung der Arbeitszeit und dem gleichzeitigen Anstieg des Online-Shoppings, der Selbstbedienungskassen, der Chatbots und all der Tools, die für berührungslose, unterstützte oder automatisierte Interaktionen mit Hilfe von IT-Werkzeugen eingesetzt werden, ist die Bedrohung der Arbeitsplätze durch die Digitalisierung greifbar geworden. Mehr als die Hälfte der von Edelman befragten Bevölkerung ist besorgt, dass die Pandemie das Tempo beschleunigen wird, in dem Unternehmen Mitarbeiter durch Roboter und künstliche Intelligenz ersetzen.

Die zunehmende Abhängigkeit von digitalen Mitteln sowohl bei der Arbeit als auch im täglichen Leben hat auch das Cyberrisiko konkreter werden lassen. Dies gilt insbesondere, da Angriffe, auch auf Einrichtungen des Gesundheitswesens, an Zahl und Sichtbarkeit zugenommen haben. Ein Drittel der von Edelman befragten Personen fürchtet inzwischen Cyberangriffe.

Schliesslich haben viele Länder digitale Hilfsmittel zur Überwachung und Eindämmung der Pandemie eingesetzt, zum Beispiel Apps zur Benachrichtigung über die Verbreitung der Pandemie, etwa "Swisscovid" und Apps zur Registrierung öffentlicher Einrichtungen, beispielsweise "Socialpass". Das Edelman-Barometer zeigt, dass seit Beginn der Pandemie die Bereitschaft der Menschen, persönliche Gesundheits- und Standortinformationen mit den Behörden zu teilen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, um 6 Punkte gesunken ist.

Kredit und Arbeitgeberhaftung

Angesichts dieser verschiedenen Ängste erweist sich die Wirtschaft in vielen Ländern als die einzige Institution, der die Menschen noch vertrauen. Im Gegensatz zu Regierungen, Medien und Nichtregierungsorganisationen wird die Wirtschaft laut Edelman-Barometer als ethisch und auch als kompetent angesehen. Mehr noch als in Unternehmen im Allgemeinen vertrauen die Befragten ihrem Arbeitgeber am meisten. Sie verlassen sich auch am ehesten auf die Informationen, die sie von ihrem Arbeitgeber zu wichtigen Themen erhalten, mehr noch als auf die Informationen der Behörden und der Medien.

Nach Ansicht der Autoren des Barometers tragen die Unternehmen und ihre Führungskräfte eine grosse Verantwortung für diese Anerkennung. Es liegt an ihnen, die Initiative zu den Themen zu ergreifen, die sie beunruhigen, sei es verantwortungsvolle KI, Automatisierung und Ausbildung oder Zuverlässigkeit von Informationen.

Apropos Umfrage: Das Swiss Developer Survey fragt dieses Jahr nach dem "continued Covid-19 impact". Mehr dazu erfahren Sie hier.

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