KI-Haftung

EU erleichtert Schadenersatzforderungen für Opfer künstlicher Intelligenz

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von Rodolphe Koller und Übersetzung: René Jaun; jor

Mit einer neuen Richtlinie will die EU-Kommission grundsätzliche Fragen zur Haftung im Schadensfall beim Einsatz von KI klären. Konkret will die EU sicherstellen, dass Geschädigte Schadenersatz verlangen können. Sie schlägt vor, eine Kausalitätsvermutung und ein Recht auf Zugang zu Beweismitteln einzuführen.

EU-Justizkommissar Didier Reynders verkündet die Pläne der EU zur Einführung von Haftungsregeln für künstliche Intelligenz. (Source: EU / Claudio Centonze)
EU-Justizkommissar Didier Reynders verkündet die Pläne der EU zur Einführung von Haftungsregeln für künstliche Intelligenz. (Source: EU / Claudio Centonze)

Für Bürgerinnen und Bürger in der EU soll es einfacher werden, rechtlich gegen Schäden vorzugehen, die durch intelligente Systeme verursacht wurden. Die Europäische Kommission hat dazu einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung der Haftungsregeln für neue Technologien vorgestellt.

Bisher müssen Opfer detailliert erklären, wie der Schaden durch ein bestimmtes Verschulden oder eine bestimmte Unterlassung verursacht wurde, wie die EU-Kommission mitteilt. Dies könne bei dem Versuch, komplexe KI-Systeme zu verstehen und sich darin zurechtzufinden, besonders schwierig sein. Als Beispiel nennt die EU-Kommission die Situation, wenn jemand in einem Einstellungsverfahren, bei dem KI-Technologie zum Einsatz kam, diskriminiert wird.

Zwei wesentliche Elemente in der neuen Verordnung sollen hier Abhilfe schaffen und das Verfahren für Opfer vereinfachen. Erstens soll die sogenannte Kausalitätsvermutung die Opfer von der Beweislast befreien. Die Person, die einen Schaden erleidet, muss neu lediglich nachweisen, dass jemand seinen Pflichten nicht nachgekommen ist und dass dies wahrscheinlich aufgrund der Leistung einer KI verursacht wurde. Im Gegenzug kann der Beschuldigte diese Vermutung widerlegen, indem er beispielsweise beweist, dass eine andere Ursache zum Schaden geführt hat.

Zweitens sollen die Geschädigten ein Recht auf Zugang zu Beweismitteln im Besitz von Unternehmen und Anbietern erhalten. Sie sollen die Offenlegung von Informationen über KI-Systeme verlangen können, um die verantwortliche Person zu identifizieren und die Ursache des Problems zu ermitteln. Dieses Auskunftsrecht betrifft nur KI-Systeme, von denen die EU annimmt, dass sie ein hohes Risiko darstellen. Dazu gehören etwa die Bereiche Verkehr, Arbeitsmarkt, Bildung, Kreditaufnahme, Medizin, Migration, Strafverfolgung oder Justiz. Darüber hinaus werde die Offenlegung bestimmten Garantien unterliegen, um insbesondere Geschäftsgeheimnisse zu schützen, stellt die Kommission klar.

"Wir wollen, dass die KI-Technologien in der EU florieren", lässt sich die für Werte und Transparenz zuständige Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová zitieren. "Um dies zu erreichen, müssen die Menschen digitalen Innovationen vertrauen. Mit dem heutigen Vorschlag zur zivilrechtlichen Haftung von KI geben wir den Kunden Instrumente für Abhilfe bei durch KI verursachten Schäden an die Hand, damit sie über das gleiche Schutzniveau wie bei herkömmlichen Technologien verfügen, und wir gewährleisten Rechtssicherheit für unseren Binnenmarkt."

Parallel dazu schlägt die EU-Kommission vor, das Produkthaftungsgesetz ganz allgemein sowie die Haftungsvorschriften für kreislauforientierten Geschäftsmodelle zu modernisieren. Auch technische Veränderungen sollen ins Gesetz einfliessen. Namentlich schlägt die EU-Kommission die Möglichkeit eines Schadenersatzes vor, wenn Produkte wie Roboter, Drohnen oder Staubsauger durch ein Software-Update unsicher werden oder wenn der Hersteller Sicherheitslücken im Produkt nicht behebt.

Die Vorschläge der Kommission müssen nun vom Europäischen Parlament und vom Europarat angenommen werden. Gemäss dem Vorschlag wird die Kommission im Bedarfsfall fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie über KI-Haftung prüfen, ob Regeln für die verschuldensunabhängige Haftung für Ansprüche im Zusammenhang mit KI erforderlich sind.

Übrigens: Mitte September stellte die EU-Kommission den Entwurf für ein Gesetz zur Cyber-Resilienz vor. Die Verordnung verpflichtet Hersteller von Produkten mit digitalen Elementen unter anderem zu Transparenz über verwendete Komponenten und Schwachstellen. Ähnliche Bemühungen laufen in den USA, wie Sie hier lesen.

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